Zürcher Tagebuch

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Zürich ist der Boden, auf dem der Filmer Stefan Haupt sein Netz spannte, in dem Gedanken, Gefühle, Erfahrungen, Einsichten, Aussagen von seiner Familie und Bekannten zusammenfliessen – der Bogen spannt sich vom Bögg bis zum Frauenstreiktag 2019 und Beginn der Pandemie. (Xenix)


Dem Leben und der Zeit auf der Spur


Man muss kein Philosoph sein, um sich zu fragen, was das Leben, das eigene, ausmacht, was einem wichtig erscheint, was einen treibt, einen prägt. Der Zürcher Filmer Stefan Haupt («Zwingli») hat sich diese und ein paar Fragen mehr gestellt: «Wie will ich leben? Wohin bewegt sich unser multioptionales, vielschichtiges Leben?» Er hat sich dabei auf seinen Lebenskreis, sein Umfeld, seinen Boden, auf dem er aufgewachsen ist, auf seine Erfahrungen und Einsichten beschränkt. Seine Reise beginnt im Winter 2016 und endet vorläufig mit Beginn der Corona-Zeit 2020 – mit Abstechern ins letzte Jahrhundert. Die Geburt seines ersten Sohnes Alexis 1997 ist dabei ebenso ein Thema wie seine Töchter Thalia, Symi und Melina. Stefan Haupts Frau, Eleni, wie auch Alexis wollten nicht im Film erscheinen.

Seine Familie, inklusive Mutter, Vater und Grossmutter, sind ebenso Gesprächspartner wie die Kollegin Barbara Weber, der «Webmaster» Pascal Faivre, die SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, der Künstler Alex Zwalen oder die Flüchtlinge Mazfar Shafari (Afghanistan) und Vink Khau (Kambodscha). Sie reflektieren ihre Beobachtungen, Zeiterscheinungen, Begebenheiten. Notizen, Gedanken, Gespräche, Zitate fügen sich zu einem Zeitbild. Haupts «Zürcher Tagebuch» bleibt persönlich, versteht sich nicht als Weltbild oder gesellschaftliche Studie, sondern als persönliche Reflexion über eine bewegte und sich bewegende Zeit. So kommt seine filmische Dokumentation nicht als Zeitgeist-Reportage daher, sondern ist eher Poem, eine impressionistische Reise im Heute. Bezeichnend für die verschiedenen Facetten ist das Gedicht «Zärtliches Gespräch» vom Zürcher Lyriker Albert Ehrismann aus dem Jahr 1939, das Off-Sprecher Hanspeter Müller-Drossaart zitiert.

In Stefan Haupts Tagebuch fliessen Innen-und Aussenwelt zusammen, verschränken sich Alltag und Aussergewöhnliches, fügt sich Privates mit Gesellschaftlichem. Ein ganz anderer Film über den Lebensraum Zürich, der aus dem Dokumentarrahmen fällt: ein Tagebuch, dem man gern zusieht und zuhört.


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Schweiz 2020  
101 Minuten

Buch und Regie: Stefan Haupt
Sprecher: Hanspeter Müller-Drossaart
Kamera: Lutz Konermann


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