Zentren der Solothurner Filmtage, die Reithalle (Bild) und das Landhaus, weitere Kinos ergänzen diese Spielstätten.


Vorschau – 54. Solothurner Filmtage 2019

Sinnsuche und andere Befindlichkeiten

Alljährlich laden die Solothurner Filmtage zum Entdecken und Wiedersehen ein. 165 Kurz- und Langfilme, neue, aktuelle und alte, werden aufgeführt – vom 24. bis 31. Januar 2019. Ein Trend lässt sich herauslesen: Viele Filme fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Befindlichkeiten und Beziehungen. Eröffnet werden die 54. Filmtage mit Aaron Nicks Dokumentarfilm «Tscharniblues II» - in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.

Direktorin Seraina Rohrer stellte bei der Präsentation der 54. Filmtage in Solothurn fest, dass viele der aufgeführten Filme die Sinnfrage stellten, die «Frage nach dem Sinn des Lebens, und die sich mit Religionen befassten». An erster Stelle wäre der historische Spielfilm «Zwingli» von Stefan Haupt zu erwähnen, der ein lebendiges Bild des Zürcher Reformators zeigt, nominiert für den Prix du Public 2019 (warum nicht für den Prix de Soleure?).

Im Publikumswettbewerb, dotiert mit 20 000 Franken, taucht auch die Beziehungsgeschichte «Le vent tourne» von Bettina Oberli auf. Dabei kreuzt der Ingenieur einer Windturbine bei einem selbstgenügsamen Pärchen in der ländlichen Idylle auf und stört die naturverbundene Zweisamkeit. Sie stellt sich und ihr Leben in Frage, sie entscheidet sich neu.

Für die Liebe ist es nie zu spät: Davon berichtet der Dokumentarfilm «Les dames» von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond über Damen 50 und 60 plus – verschmitzt, melancholisch, optimistisch. Christoph Schaub hat sich auf die Spuren sakraler Baukunst und umbauter Räume gemacht: «Architektur der Unendlichkeit» ist eine intelligente Bildreise, die hoch greift und nachdenklich stimmt.

Dieses Programm ergänzen Filme wie «Ceux qui travaillent» von Antoine Russbach über einen Familienvater, der eine wegweisende Entscheidung trifft; wie «Bêtes blondes» von Alexia Walther und Maxime Matray über einen seltsamen Fund; «Gateways to New York» von Martin Witz folgt einem Schweizer Brücken-Ingenieur, «Insulaire» von Stéphane Goel beschreibt den Kampf von Insulanern; «Ly-Ling und Herr Urgesi» von Giancarlo Moos den Clinch einer Modedesignerin und eines Massschneiders; «Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?» fragt Kerstin Polte und beschreibt den Ausbruch Charlottes aus ihrem Leben; «My Little One» von Frédéric Choffat und Julie Gilbert schildert eine Begegnung in Arizona; «Sashinka» von Kristina Wagenbauer eine Musikerin, die mit ihrer Mutter konfrontiert wird.

Sinn des Lebens – Lebenssinn. Fanny Bräuning schildert die Bemutterung ihrer Mutter, die an MS erkrankt ist in «Immer und ewig». «Der Büezer» (Joel Basman) ist nach dem Tod seiner Eltern auf sich allein gestellt und lernt eine andere Welt kennen – ein Spielfilm von Hans Kaufmann, nominiert für den Prix de Soleure 2019, dotiert mit 60 000 Franken. Der Sohn lernt die Geliebte seines Vaters (Dani Levy) kennen, und der «Sohn meines Vaters» kommt ins Schleudern – von Joshua Dreyfus. «Pearl» ist auf dem besten Weg, als Bodybuilderin ausgezeichnet zu werden, bis…ein Spielfilm von Elsa Amiel. Ein ganz starker Dokumentarfilm ist Nino Jacussos «Fair Traders» Er beschreibt einen Unternehmer, eine Unternehmerin und ein Paar auf dem Land, alle setzen auf Bio – sei es auf Wiederverwertung und Sozialhilfe, Biobaumwolle in Indien und Afrika oder auf landschaftliche Produkte in der Schweiz. Engagierte Menschen, die beweisen, dass man auch biologisch nachhaltig wirtschaften und profitieren kann. Den Soleure-Wettbewerb vervollständigen die Dokumentarfilme «Digitalkarma» von Mark Olexa und Francesca Scalisi, «Eisenberger – Kunst muss schön sein, sagt der Frosch zur Fliege» von Hercli Bundi sowie «Tscharniblues II», der Eröffnungsfilm. Regisseur Aron Nick nahm es Wunder, was mit den Protagonisten im Film «Dr Tscharniblues» passiert ist – vierzig Jahre danach. Was ist aus ihren Idealen geworden?

Die Spanne im Spielfilm-Panorama ist gross und weit: Sie reicht vom «Schönsten Mädchen der Welt» (Aron Lehmann) bis zum «Höllentor von Zürich» (Cyrill Oberholzer), vom «Läufer» (Hannes Baumgartner) und «Fortuna» (Germinal Roaux) bis zu «The Drive» (Yona Rozenkier), «Zone rouge» (Cihan Inan) und «Wolkenbruchs wundersame Reise…» (Michael Steiner). Nicht zu vergessen der etwas bizarre Liebesstreifen mit (moderner) Teufelsaustreibung «Der Unschuldige» von Simon Jaquemet.

In der Sektion Dokumentarfilm finden sich Werk wie «Eldorado» (Markus Imhoof), «Subito – Das Sofortbild» (Peter Volkart), «#Female Pleasure» (Barbara Miller), der erfolgreichste Schweizer Dokumentarfilm 2018 mit rund 40 000 Besuchern, und «Genesis 2.0» (Christian Frei), für mich der beste und wichtigste Dokfilm des Jahre 2018.

Kurz- und Trickfilme gehören zum Solothurn-Programm wie das «Kreuz», der Nebel und die Aare. Ein Insidertipp für Freunde des schwarzen Humors: «Tote Tiere» (17 Minuten) von David Oesch und Remo Rickenbach. Die Retrospektive (Rencontre) ist 2019 dem Neuenburger Schauspieler Bruno Todeschini gewidmet. Diese filmische Reise führt von 1992 «La sentinelle» und 1995 «Á cran» über 2005 «Gentille» und 2010 «Orly» bis 2016 «Sette giorni» und «La propera pell». Aktuell ist er in der TV-Serie «Double vie» zu sehen (sechs Episoden in der Staffel 2019). Er wird am 27. Januar eine Masterclass leiten und am 26. Januar am Podiumsgespräch «Revolver live! – Unter Schauspielern» teilnehmen. Eine spezielle Hommage ist den verstorbenen Filmschaffenden Yves Yversin («Les petites fugues», 1979) und Alexander J. Seiler («Geysir und Goliath», 2010) zugedacht.

Das Koproduktionsabkommen Schweiz – Mexiko steht im Fokus der Filmtage. Eine kleine Auswahl (vier Dok- und sechs Spielfilme) wird gezeigt. Unter dem Motto «Schweizer Filme neu entdecken» gibt's ein Wiedersehen mit Markus Imhoofs «Das Boot ist voll» (1981), «Das Fräulein» (2006) von Andrea Štaka, «War Photographer» (2001) von Christan Frei, «Der 10. August – Angst vor der Gewalt» (1957) von Franz Schnyder oder oder «Die letzte Chance» (1945) von Léopold Lindtberg.

Den Schweizer Trickfilmen ist diesmal eine Ausstellung gewidmet: «Swiss Animation – bewegt!» im Künstlerhaus S11, anlässlich des 50 Jahre-Jubiläums der Trickfilmgruppe GSFA .

Die Solothurner Filmtage bieten traditionell nicht nur Heimspiel und Schaufenster einheimischen Filmschaffens, sondern auch Fenster für «fremde» Werke und Gäste.

Die Fakten: 165 Filme werden aufgeführt (2018: 159, 2017: 179 Filme). Das Budget 2019 beträgt 3,24 Millionen Franken, davon machen 988 000 Franken, also 30,5 Prozent, öffentliche Mittel (Bund, Kanton, Stadt etc.) aus, gut ein Drittel etwa Sponsoren und ein Drittel Eigenleistungen. 2017 wurden 65 817 Eintritte, 2018 indes 64 588 Eintritte registriert.

Zu bemerken ist auch, dass die Filmtage sich ausserordentlich für den Nachwuchs, sprich für Schüler und Schülerinnen einsetzen. Gegen 5000 von ihnen werden 25 spezielle Aufführungen besuchen – aus Solothurn, Olten und Grenchen.

Informationen und Vorverkauf:
www.solothurnerfilmtage.ch


Zurück


Veröffentlicht Dezember 2018