Tausendsassa Douglas Wolfsperger (l.) tourt mit seinem Film «Probefahrt ins Paradies» durch die Bodensee-Region, in dem neben Mathias Gnädinger auch die 2022 verstorbenen Christiane Hörbiger (r.) mitwirkte. (Bilder: Joachim Gern, Douglas Wolfsperger Filmproduktion )

Douglas Wolfsperger – Regisseur, Produzent, Festivalleiter

«Probefahrten – von Kinotouren bis zu Filmfestspielen»

In Zürich geboren, am Bodensee aufgewachsen, hat sich Douglas Wolfsperger einen Namen als Regisseur und Produzent gemacht. Er hat sich für das Konstanzer Arthouse-Kino Scala engagiert, das dem Kommerz zum Opfer fiel, ist den «Blutrittern», «Doppelleben» und Transmenschen nachgegangen. In diesem Jahr wurde er zum künstlerischen Leiter der Biberacher Filmfestspiele (30. Oktober bis 3. November 2024) bestimmt.


Biberach? Dieses Städtchen an der Riss in Oberschwaben liegt etwa 40 Kilometer von Ulm. In der ehemaligen Freien Reichsstadt mit rund 33’000 Einwohnern kreuzen sich die schwäbische Barock- und Dichterstrasse sowie der Jakobsweg, nördlich des Bodensees, gut 150 km von Zürich entfernt. Hier konnten sich kleine, aber feine Filmfestspiele etablieren, im Jahr 1979 gegründet. Bei Filmschaffenden, so Douglas Wolfsperger, der neue künstlerische Leiter, ist Biberach ein Begriff und eine Grösse für den deutschsprachigen Film. Ähnlich wie bei den Solothurner Filmtagen bieten sie Schaufenster und Forum für Filmemacher, Produzenten, Cineasten. Rund 11’500 Besucher strömten vergangenes Jahr in die vier Kinosäle. Die Filmfestspiele bieten mehrere Sparten an: Spielfilm, Debütfilm, TV- und Dokumentarfilm, mittellange und kurze Filme. Nicht von ungefähr werden acht Biberpreise verliehen, insgesamt mit 26’000 Euro dotiert. Die Stadt hat wohl ihren Namen dem Biber zu verdanken, der hier eine ansehnliche Biberkolonie gegründet hatte. Das Stadtwappen ziert heute noch einen aufrechten, golden gekrönten Biber.

Die Filmfestspiele, die heuer zum 46. Mal durchgeführt werden, gehören zu den ältesten in Deutschland. Douglas Wolfsperger schätzt die Aufgabe, freut sich sehr auf die künstlerische Arbeit und sieht sie als inspirierende Herausforderung. Er hofft, ein hochkarätiges, vielfältiges Programm zusammenstellen zu können. Die Nähe zum Publikum ist ihm wichtig. Und das will er begeistern. Er möchte die Menschen aus der Region einbinden und das Kino schmackhaft machen – übers ganze Jahr. Er selbst hat drei Biber gewonnen, 2005 beispielsweise für den Dokumentarfilm «War’n Sie schon mal in mich verliebt?». Er ist offen für alle Spielarten und Genres, es darf auch ein SF-Film sein, nur eigene Produktionen will er nicht einbinden. Tatsächlich hat er zwei Filme in Arbeit: «Sie, Er, Ich» über Transmenschen, und «Der Wald gehört uns», wo es um den Altdorfer Wald in Oberschwaben geht.

Neben den Vorbereitungen für die Filmfestspiele tourt Wolfsperger mit einem älteren Film durch die Lande: «Probefahrt ins Paradies» von 1992. In diesem lustbaren (satirischen) Spielfilm begleitet der junge Pfarrer Strobel (Axel Milberg) eine Wallfahrergruppe nach Lourdes, angeführt von einer Nonne (Christiane Hörbiger). Dazu gesellt sich eine religiöse Exhibitionistin, eine mysteriöse alte Lady (Inge von Ambesser), der renitente Busfahrer Freddie (Mathias Gnädinger) und anderes frömmelndes Fussvolk und andere Pilger. Unter die frömmelnde Gruppe hat sich die schwangere Theresa (Barbara Auer) geschmuggelt, die von ihrem Gottesmann endlich ein väterliches Bekenntnis erwartet. Das allegorische, auch ein bisschen teuflische Roadmovie «Probefahrt ins Paradies» machte seinen Weg erfolgreich durch die Kinos und gilt in Süddeutschland als Kultfilm. Regisseur und Autor Wolfsperger hat einen Heidenspass, den digital aufgefrischten Film wieder in die Kinos zu bringen. Priester, Zölibat und Outing sind heute immer noch und wieder ein aktuelles Thema, findet er und ist gespannt auf die Publikumsreaktionen.


Wolfsperger wird seinen Film begleiten und sich den Fragen des Publikums stellen, z. B. am 20. April in Kreuzlingen (Apollo), 21. April in Radolfzell, 22. April in Überlingen, 23. April in Lindau. Weitere Aufführungen in der Schweiz sollen folgen.


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Veröffentlicht April 2024