Clinch im Kammerspiel: Männerrunde mit Florian David Fitz (links), Regisseur Sönke Wortmann (Mitte) und Christoph Maria Herbst. (Pathé)

 

Demaskierung

Sönke Wortmann, der Löwe (Sternzeichen) aus Marl, Nordrhein-Westfalen, hat so unterschiedliche Filme wie «Der bewegte Mann» (1994), «Das Wunder von Bern» (2002), «Die Päpstin» (2009) oder «Frau Müller muss weg» (2015) inszeniert. Sein jüngster Kinofilm «Der Vorname» feierte am Zurich Film Festival erfolgreich Weltpremiere. Wir trafen den Spezialist für gesellschaftskritische Komödien in Zürich.

Zur Filmkritik von «Der Vorname»

Welche Erfahrungen haben Sie mit ihren Filmen in der Schweiz gemacht?
Sönke Wortmann: Ich war am Filmfestival Locarno und habe dazumal mit dem «Wunder von Bern» den Publikumspreis geholt.

Nun also aktuell mit «Der Vorname» in der Schweiz. Man kennt das aus Hollywood. Erfolgreiche europäische Filme werden amerikanisiert. Nun haben Sie die französische Erfolgskomödie «Le Prénom» adaptiert und eingedeutscht. Wie kam es dazu?
Ich mache selber Theater in Berlin oder am Schauspielhaus in Düsseldorf «Menschen im Hotel» beispielsweise. Durch mein Interesse für Theater bin ich auf «Le Prénom» gestossen. Ich wollte das Stück 2012 inszenieren, es hat dann aber aus diversen Gründen nicht geklappt. Vor anderthalb Jahren hat Produzent Marc Conrad mich wieder draufgebracht und bei mir offenen Türen eingerannt.

Sie machen in Ihrem Film «Der Vorname» einige Anspielungen (etwa mit Donald) und nehmen auf aktuelle politische und gesellschaftliche Verhältnisse Bezug.
So muss man es eben bei einem Remake machen, und das Land, in dem es spielt, einbeziehen.

Ihre Gesellschaftskomödie ist ein Kammerspiel. Sie spielt sich zwischen Ess- und Wohnzimmer, Terrasse und Eingang ab. Ein Klassiker: Die Einheit von Zeit und Ort wird gewahrt.
So ein Kammerspiel ist ja ein eigenes Genre, und es ist nicht das erste Mal, dass ich es mache. Bei «Frau Müller muss weg» ist es ähnlich.

Ihr Film ist von Dialogen geprägt. Gab es Leseproben, und haben Sie chronologisch drehen können?
Wir haben zu 80 Prozent chronologisch gedreht und an zwei Wochenenden Leseproben durchgeführt. Es wurde beim Drehen dann auch nicht improvisiert. Es stand alles da. Ich mag das gerne und die Schauspieler auch.

Sie sind also drehbuchstreng.
Ja, ich bin drehbuchstreng.

Waren denn das Stück und die erste Verfilmung keine Hypothek?
Der französische Film ging in Deutschland unter. Das war der eine Grund für ein Remake, der andere war, dass das Thema Adolf besser nach Deutschland als nach Frankreich passt.

Ein wichtiger Bestandteil besonders eines Kammerspiels ist die Besetzung. Wie sind Sie vorgegangen?
Christoph Maria Herbst stand als Stephan früh fest. Dann haben wir überlegt: Mit wem könnte der verheiratet sein? Und sind auf Caroline Peters gekommen, die ich vom Theater sehr gut kenne.

Wann kam Iris Berben als Mutter Dorothea Böttcher, die abwesende Mutter der Gastgeberin, ins Spiel?
Sie war ja etwas ausserhalb der Gruppe und wurde nur zugeschaltet. Als erste kam tatsächlich Iris Berben bei der Besetzung ins Spiel.

Die Vorgabe des Namens Adolf ist die Initialzündung der ganzen Auseinandersetzungen und bringt die Gesellschaft in Schwung.
Ich finde, das Stück hat tolle Wendepunkte. Die Diskussion um Adolf umfasst ja nur etwa 25 Minuten. Danach werden andere Gesichtspunkte spannend. Jeder in der Gruppe kriegt dann sein Fett ab.

Man könnte das Freundestreffen, das in Streit und Outings endet, auch als Demaskierung bezeichnen.
Ich finde, das Stück ist toll strukturiert und macht Spass. Man ist neugierig drauf. Eine Salonkomödie, die sich an ein erwachsenes Publikum wendet.


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Veröffentlicht Oktober 2018