Schweizer Quartz-Verleihung künstlich arrangiert mit Live-Einschaltungen, beispielsweise mit Marthe Keller (Bild oben rechts), die in «Schwesterlein» brillierte, und Liselotte «Lilo» Pulver (unten links) , die mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet wurde. (Bilder Schweizer Filmpreis)


Schweizer Filmpreis 2021 – Frauen in Front

«Schwesterlein» übertrumpfte alle

Die Pandemie engt uns weiter ein: Konzerte, Kinos, Festivals und Preisverleihungen finden nur virtuell, sprich online statt. Ausnahmen bildeten Kinoevents wie Fantoche in Baden und das Zurich Film Festival (ZFF), das in diesem Jahr Ende September schwerpunktmässig im frisch renovierten Kongresshaus über die Leinwände gehen soll. Die diesjährige Quartz-Preisverleihung, also die Übergabe der Schweizer Filmpreise, wurde in den Genfer RTS-Studios organisiert und wurde als Live-Stream angeboten. Sieger waren vor allem Frauen.

Ein Filmpreis-Fest ohne Publikum. Das hinterlässt einen faden Geschmack. Die Geehrten und Gefeierten wurden zugeschaltet. Das machte vor allem den Preisträgern, hauptsächlich den Preisträgerinnen Spass. Am meisten Freude hatte wohl das Regieduo aus Lausanne, Stèphanie Chuat und Véronique Reymond. Ihr Geschwisterdrama «Schwesterlein» sahnte gross mit fünf Quartz-Auszeichnungen ab. Ein Rekord. Der Schauspielerfilm, geprägt von den deutschen Stars Nina Hoss und Lars Eidinger, wurde von Ruth Waldburger produziert. Quartz-Trophäen gab's also für den besten Film, das beste Drehbuch (Chuat/Reymond), beste Kamera (Filip Zumbrunn), beste Montage Myriam Rachmuth) und beste Nebendarstellerin (Marthe Keller). Nebenfavorit «Platzspitzbaby» hatte das Nachsehen. Allein Sarah Spale («Wilder») kam in die Quartz-Ränge (beste Schauspielerin).

Milo Raus engagierter Dokumentarfilm mit Spielszenen, die freilich als solche deutlich zu erkennen und Bestandteil des Konzepts sind, wurde zurecht als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. «Das neue Evangelium» spannt den Bogen von der biblischen Geschichte bis in unsere Gegenwart, von Jesu Botschaft und Passion bis zu ausgebeuteten Flüchtlingen und Kleinbauern in Italien. Raus Film wartet noch immer auf den hiesigen Kinostart und wird ab 1. April online zu sehen sein. Siehe Filmkritik und Interview). www.dasneueevangelium-film.ch 

Erstmals wurde die Arbeit am Ton ausgezeichnet: Peter Bräker erhielt ihn für den Dokumentarfilm «Nemesis» von Thomas Imbach. Weitere Filmpreise: Bester Kurzfilm «Deine Strasse» von Güzin Kar, beste Filmmusik «Burning Memories» von Alice Schmid, bester Abschlussfilm «Amazonen einer Grossstadt» von Thais Odermatt (Filmuniversität Babelsberg), Spezialpreis der Akademie für Linda Harper (beste Kostüme in «Von Fischen und Menschen», «Platzspitzbaby» und «Spagat»).

Der Ehrenpreis ging an die Schauspielerin Liselotte Pulver (91), die weit über Schweizer Grenzen bekannt und beliebt ist. Sie brillierte sowohl als «Gustav Adolfs Page», Räuberbraut («Wirtshaus» und «Spukschloss im Spessart») oder als eine der «Kohlhiesels Töchter». Unvergesslich sind ihre Auftritte an der Seite von Sonnyboy Hannes Schmidhausen in den Franz Schnyder-Filmen «Uli der Knecht» und «Uli der Pächter». Die Pensionärin, die aus Bern der Verleihinszenierung zugeschaltet wurde, freute sich wie eine Schneekönigin und lachte wie einst im Mai.

Gesamthaft betrachtet, war die Quartz-Ausmarchung 2021 arg dünn. Lag's an Produktionen oder an Corona, dass die Männer schwach vertreten waren oder am femininen Zeitgeist und starken Frauen? Männer (Schauspieler) spielten nur Nebenrollen. Man könnte sich ja seitens der Filmakademie mal überlegen, ob man nicht einen genderübergreifenden Filmpreis für Darstellung etablieren sollte angesichts mangelnder Kandidaten oder Kandidatinnen.

Die nächste Quartz-Verleihung ist für 25. März 2022 in Zürich angesagt, wenn dann der Virus samt Mutanten in der Asservatenkammer gelandet sind …

Aufzeichnung Schweizer Filmpreis 2021


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Veröffentlicht März 2021