In Liebe, Eure Hilde

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Unbeschwerte Sommerzeit: Hilde (Liv Lisa Fries) lernt den Widerständler Hans Coppi (Johannes Hegemann) kennen und lieben. (Filmcoopi)



Liebes- und Leidensgeschichte


Sie wirkt unscheinbar, verletzlich, ängstlich. Hilde (Liv Lisa Fries) arbeitete als Arzthelferin, dann als Angestellte in der Reichsversicherungsanstalt und lernt Hans Coppi (Johannes Hegemann) kennen. Sie verlieben sich, heiraten im Juni 1941 und verbringen mit Freunden scheinbar unbeschwerte Stunden im Sommer 1942. Dann greifen die Nazi-Schergen zu. Die Gestapo verhaftet eine ganze Gruppe – wegen Hochverrat, Feindbegünstigung und Spionage. Von den Nazis als «Rote Kapelle» markiert, wird ihnen der Prozess gemacht.

Mit der Verhaftung setzt Andreas Dresens Spielfilm ein. In Rückblenden schildert er, wie die jungen Leute das Leben geniessen am See – trotz Kriegslage – und wie sie Aktionen gegen das Hitler-Regime starten. Mit Aufklebern protestieren sie gegen eine Propaganda-Ausstellung, hören «Feindradio» und senden Funksprüche an gefangene Soldaten in Russland. Hilde erfährt im Berliner Frauengefängnis, dass ihr Mann Hans im Dezember 1942 hingerichtet worden ist. Ihr selbst wurde eine Gnadenfrist gewährt, um ihr Neugeborenes (Hänschen) zu stillen, bis am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee das Fallbeil fällt – für sie und zwölf weitere Frauen der «Roten Kapelle».

Fast akribisch wird der Gefängnisalltag beschrieben, den die schwangere Hilde ertragen muss. Von der Aufseherin Anneliese Kühn (Lisa Wagner) zuerst streng, ja verächtlich behandelt, dann aber mit Verständnis und Sympathie. Sie hilft ihr gar bei einem Gnadengesuch, von Hitler abgelehnt. Quälend verstreichen die Tage und dann die Zeit vor der Hinrichtung, bei der der Pfarrer Harald Poelchau (Alexander Scheer) hilflos Trost zu spenden versucht und ihren letzten Brief in Obhut nimmt: «In Liebe, Eure Hilde».

Während beispielsweise der letzte Akt beim Schweizer Spielfilm «Landesverräter» in einem grausamen grotesken Chorus endet, geht dieses letzte Kapitel hier unter die Haut – dank einer sensiblen Regie und einer überragenden Hauptdarstellerin Liv Lisa Fries («Berlin Babylon»). «In Liebe, Eure Hilde», ein erschütterndes Drama über ein Kapitel Zivilcourage, ganz aus der Perspektive Hildes beschrieben, ist einer der stärksten Filme über den Widerstand gegen die Nazi-Diktatur. Der Sohn Hildes, Hans, hat das Schicksal der «Roten Kapelle», der über 50 Mitglieder angehörten, recherchiert und dokumentiert.

Das Weltgeschehen bleibt bei diesem Liebes- und Leidensdrama anders als etwa bei der TV-Serie «Die Rote Kapelle» weitgehend ausgeklammert. Er führt indes eindrücklich vor Augen, wie gefährlich kleine Aktionen gegen ein totalitäres Regime sein können und wieviel Mut es braucht, Zivilcourage zu zeigen. Hilde bekennt: «Ich habe Angst vor dem Zahnarzt, vor den Nazis und auch vor der Liebe.» Aus Liebe hat sie sich dem Widerstand, eben ihrem Mann und seinen Freunden, angeschlossen.


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Deutschland 2024
124 Minuten

Regie: Andreas Dresen
Buch: Laila Stieler
Kamera: Judith Kaufmann

Ensemble: Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann, Lisa Wagner, Alexander Scheer, Emma Bading, Sina Martens
 

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