Yesterday

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Jugendfreundin und Managerin Ellie (Lily James) hält treu zum Singer-Songwriter Jack Malik (Himesh Patel), doch der kriegt lange nicht mit, dass sie ihn liebt. (Universal Pictures)



Aus den Augen , aus dem Sinn…


Gedankenspiele können heiter und entlarvend sein. Was wäre, wenn die Welt weiblich wäre, wenn sich Jesus und Mohammed begegnet wären oder wenn es keine Beatles gegeben hätte? Die Pilzköpfe aus Liverpool und ihre Musik sind noch in unseren Köpfen, jedenfalls der reiferen Menschen. Aber was wäre eben wenn…

Regisseur Danny Boyle («Slumdog Millionaires») legt es darauf an. Sein Held, der erfolglose indisch-britische Singer-Songwriter Jack Malik (Himesh Patel) hat eine Begegnung der seltsamen Art. Er wird nachts während eines mysteriösen Stromausfalls von einem Bus angefahren und landet in einer anderen, ihm aber doch bekannten Welt. Eine Zwischenwelt? Ihm kommen die eine und andere Melodie in den Sinn, die von den Beatles stammen und sie weltberühmt gemacht haben. Nur, die kennt keiner mehr ausser Jack. Nicht mal Google hat die Fab Four aus Liverpool auf der Platte. Keiner kann sich an die Hits der Pop-Pilzköpfe erinnern.

Jack «schlachtet» quasi seine musikalischen Erinnerungen aus, spielt zaghaft die neuen Songs vor. Verhaltene Begeisterung im Freundeskreis. Doch Auftritt um Auftritt finden sie Gehör. Managerin und Freundin Ellie (Lily James), die heimlich in ihn verliebt ist und er merkt es nicht, staunt nur noch. Und die Welt sprich Hörerschaft wundert sich. Jack steigt zum Popstar auf, fühlt sich nicht recht wohl in seiner Haut – als Beatles-Erbe und Imitator. Er forscht nach, sucht und findet den alten (vergessenen) John Lennon, der einsam, aber zufrieden irgendwo an einem wilden Küstenstrich haust. Der hat gar nichts gegen Jacks Erfolg, rät ihm aber, ehrlich zu sein.
Die Begegnung mit dem Beatles-Veteran ist nur eines der kuriosen Zwischenspiele, die Danny Boyle in seine Popkomödie «Yesterday» einstreut. Dazu gehören auch ein altes Ehepaar, das sich erinnert und freut, die alten Songs wiederzuhören, oder Popstar Ed Sheeran himself, der Jack unterstützt und als Vorgruppe auftreten lässt. Später ist Ed bei Konzerten des Hit-Stürmers Jack quasi zweite Wahl.

Für Beatles-Fans ist es ein Vergnügen, wie die alten Hits aus dem Nichts auftauchen, wie Jack seinen ziemlich desinteressierten Eltern «Let It Be» vorspielt, einen spontanen Wettbewerb mit Ed Sheeran dank «A Long and Winding Road» gewinnt und grosse Hits wiederbelebt (insgesamt 17 im Film, «Back in the USSR», «I Saw Her Standing There» und mehr). Für einige Songs recherchiert Jack, forscht nach «Eleonor Rigby» (die Kombination eines Ladens in Bristol und den Vornamen einer Schauspielerin), sucht die «Penny Lane» (eine Strasse in Liverpool) auf. «Yesterday» hält Ed für den besten aller Songs, rät aber zum Titel «Hey Dude» - ob «Jude» zu verfänglich schien?

Trotz bissiger Spitzen gegen die Musikindustrie, verkörpert durch die raffgierige Managerin Debra Hammer (Kate McKinnon), ist «Yesterday» vor allem eine Huldigung an die Musik der Beatles und ein etwas gezwirbelter Liebesfilm, der mit einer zweifachen Offenbarung im Wembley Stadion endet. Man muss anmerken, dass sich die musikalische Hommage auf die bekannte erfolgreiche Seite der Beatles beschränkt. Das tut aber der spritzigen Pop-Phantasie mit kleinen Hängern keinen Abbruch. Himesh Patel als Underdog, der dank vermeintlich vergessener Beatles-Hits zum Publikumsliebling aufsteigt, meistert die Gratwanderung fabelhaft. Die Idee ist witzig, die Musik «beatig» und die romantische Headline schmusig. «Love Love Me Do» könnte man als Schlussakkord für die filmische Liebeserklärung setzen.


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Grossbritannien 2019
116 Minuten

Regie: Danny Boyle
Drehbuch: Richard Curtis
Kamera: Christopher Pemberton

Darsteller: Himesh Patel, Lily James, Ana de Armas, Kate McKinnon, Lamorne Morris


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