The United States vs. Billie Holiday

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Vom Staat verfolgt, vom Publikum geliebt und gefeiert: Die Jazzsängerin Billie Holiday (Andra Day) prangerte mit ihrem Song «Strange Fruit» die Lynchjustiz in den USA an. (Ascot Elite)



Ein Star wird zur Staatsfeindin


Sie war eine der grössten Jazzsängerinnen Amerikas und wurde zur Ikone der US-Bürgerrechtsbewegung: Billie Holiday, eigentlich Eleanora Fagan, 1915 in Philadelphia geboren, 1959 in New York verstorben. Die Afroamerikanerin stieg Ende der Dreissigerjahre zum Star auf, sang mit Louis Armstrong, trat 1944 in der Metropolitan Opera New York auf, füllte die Carnegie Hall 1948 und begeisterte das Publikum, Weisse wie Schwarze. Der Spielfilm «The United States vs. Billie Holiday» von Lee Daniels konzentriert sich auf ihre letzten zwölf Lebensjahre – von hinreissenden Auftritten in Clubs wie dem Café Society bis zu ihrer Verhaftung 1959 am Sterbebett.

Regisseur Daniels und Drehbuchautorin Suzan Lori-Parks packen viel Stoff in ihre gut zweistündige Filmbiographie. Die lebenslange Freundschaft mit dem Saxophonisten Lester «Prez» Young (Tyler James Williams), ihre unverständige Neigung zu gewalttätigen Männern wie dem schmierigen McKay (Rob Morgan), ihre selbstzerstörende Drogensucht und Songleidenschaft sind Fixpunkte diese Star-Biopic. Ein Leben zwischen grandiosen Konzerten, Gefängnis und fatalen Liebschaften.

Billie Holiday wurde zur Ikone der Bürgerrechtsbewegung. 1939 sang sie erstmals den Song «Strange Fruit», der Lynchjustiz und Rassismus in den USA anklagte. Regierungskreise fürchteten die Wirkung dieses Liedes und eine Protestbewegung. Sie versuchten das Lied zu verbieten und Billie Holiday aus dem Show-Verkehr zu ziehen. Drahtzieher dieser Verfolgung war der Regierungsbeamte Harry Anslinger (Garret Hedlund), ein scharfer Jäger von Drogendelikten. Er setzte den Schwarzen Jimmy Fletcher (Trevante Rhodes), der gern Karriere machen wollte, auf die «Lady Day» ansetzte. Kumpel Lester Young hatte Billie diesen Spitznamen verpasst. FBI-Agent Jimmy erschlich sich das Vertrauen der Sängerin und lieferte sie den Behörden aus. Billie wurde wegen Drogenbesitz 1947 verurteilt. Ein Jahr später kam sie aus dem Gefängnis frei.

Die (erfundene) Liebschaft zwischen der Drogenabhängigen und dem ehrgeizigen Jimmy, der dann als FBI-Handlanger eine Kehrtwendung machte, wirkt freilich ebenso aufgesetzt wie das Interview mit einem schmierigen Radiomoderator. Lee Daniels liefert viele Puzzlestücke, wechselt auch mal von Schwarz auf Weiss. Das alles fügt sich nicht recht, wirkt brüchig. Daniels spickt sein Drama mit historischen Aufnahmen und informiert im Nachspann kurz über den Werdegang Beteiligter etwa dem «ehrbaren» Anslinger. Er fügt Szenen gelebten Rassismus ein (Schwarze dürfen nur den Liefereingang in Hotels benutzen etc.), und doch verliert der Film zusehends an Schärfe. Der Kampf gegen Rassismus bleibt ebenso auf der Strecke wie Billie Holiday.

Die Darstellerin Andra Day, eine exzellente Soulsängerin, freilich macht einen Kinobesuch alleweil wett und entschädigt. Ihre Performance und Interpretationen der Holiday-Songs «All of Me» oder «Strange Fruit» sind hinreissend. Interessant und spannend wäre es, wenn der britische Dokumentarfilm über die legendäre Sängerin, «Billie» (2020) von James Erskine, wieder Eingang in die Kinos fände. (Ein Start war mal im Dezember 2020 vorgesehen, aber Corona …)


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USA 2021  
130 Minuten

Regie: Lee Daniels
Buch: Suzan.Lori Parks
Kamera: Andrew Dunn

Darsteller: Andra Day, Trevante Rhodes, Garrett Hedlund, Natasha Lyonne, Joe Guy


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