The Bikeriders

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Verschworen: Gangleader Johnny (Tom Hardy) möchte Benny (Austin Butler) zu seinem Nachfolger machen. (Universal)



Rebellen auf Rädern – oder
Ende der Freiheit


Er ist stur wie ein Ochse und nimmt auch mal eine blutige Tracht Prügel in Kauf, als er sich in einer Kneipe weigert, seine Gangkutte auszuziehen. Denn er ist Mitglied des Motorradclubs «Vandals Chicago». Die Burschen auf den «heissen Öfen» ecken an, sind Aussenseiter. Der smarte sture Benny (Austin Butler) ist die rechte Hand des Gang-Boss Johnny (Tom Hardy). Der hat den Motorradclub in den Sechzigerjahren gegründet, inspiriert vom Rockerfilm «The Wild One» (1953) mit Marlon Brando.

Die «Vandals Chicago» sind ein Zufluchtsort von Unangepassten, Aussenseitern und Rebellen – und ein Dorn im Auge der spiessigen Gesellschaft. Tatsächlich hat der Journalist Danny Lyon ein Fotobuch über den Chicago Outlaw Motorcycle Club, dem er selber angehört hatte, herausgeben: «The Bikeriders» (1968). Davon liess sich Regisseur Jeff Nichols inspirieren. Quasi als Rahmenhandlung erzählt Kathy (Jodie Comer) dem Journalisten Danny (Mike Faist) ihre Geschichte und die einer gefährdeten Liebe. Kathy, die gutbürgerliche, ist auf den ersten Blick in Benny (Austin Butler) verliebt. Doch dessen Herz schlägt für die Gang «Vandals», und als es hart auf hart kommt, steht er an Johnnys Seite.

Die Rocker auf Rädern sind eine eingeschworene Truppe, eine Mitgliedschaft ist begehrt. Doch als Johnny sich später weigert, junge radikale Elemente aufzunehmen, macht sich Gewalt breit. Die alte Gang-Mentalität (und Romantik) gehört der Vergangenheit an. Die neuen «Bikeriders» sind kriminell, mischen im Drogen- und Sexmilieu mit. Doch das ist eine andere Geschichte …

Aus Kathys Perspektive schildert Jeff Nichols Sein und Zerfall einer Gemeinschaft, einer Gang – rau und rockig. Die Bilder von dem Motorrad-Geschwader faszinieren immer noch, wenn die Motor-Rebellen durch dem Mittleren Westen brausen. Doch schleichende Gewalt ersticken jegliche Romantik. Kathy hat das erkannt und versucht ihren Mann Benny, loszueisen und sein Draufgängertum zu zähmen.

Nichols‘ Sozialdrama und Liebesfilm wirkt in den besten Momenten fast schon dokumentarisch, wobei Kathy gleichzeitig Leidtragende und Chronistin ist im Liebesdreieck, indem die Frau und der Gang-Anführer um den Rebell Benny buhlen. Spröde, rau, cool verkörpern Tom Hardy und Austin Butler die beiden Helden, deren Zeit abgelaufen ist. Punktuell mögen «The Bikeriders» an Dennis Hoppers stilbildenden Kultstreifen «Easy Rider» (1969) erinnern. Doch von grosser Freiheit ist bei Nichols wenig bis nichts übriggeblieben.
Trotz Musikstücken von Bob Dylan, Ray Charles oder The Animals ist der Film «The Bikeriders» musikalisch wenig nachhaltig – im Gegensatz zu den Klassikern «Born to Be Wild», «The Pusher», «The Weight», «Don’t Bogart Me» oder «It’s Alright Ma» in «Easy Rider». Junge Kinobesucher werden am Bild einer männlichen Subkultur und an Macho-Posen Gefallen finden, ältere sich gern an die «Easy Rider» Dennis Hopper, Jack Nicholson und Peter Fonda erinnern.


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USA 2023    
117 Minuten

Buch und Regie: Jeff Nichols
Kamera: Adam Stone

Ensemble: Tom Hardy, Austin Butler, Jodie Comer, Michael Shannon, Mike Faist, Damon Herriman


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