Maria Magdalena

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Sie sucht ihr Heil beim Heiland (Joaquin Phoenix). Maria Magdalena (Rooney Mara) wurde zur treuesten Jesus-Anhängerin. (Universal Pictures)


Von der Sünderin zur Heilsfigur


Sie war eine Jüngerin, die von den Jüngern beargwöhnt, von Jesus aber als wichtige Wegbegleiterin wahrgenommen wurde. Dieser faszinierenden und umstrittenen Zeitzeugin Maria Magdalena hat Garth Davis einen unspektakulären Kinofilm gewidmet. Maria Magdalena, in den vier Evangelien erwähnt, war ein Subjekt der Spekulation – von der Kirche als Sünderin und Hure stigmatisiert bis hin zum Bestsellerautor Dan Brown, der sie im Roman «Der Da Vinci Code» zur Heldin einer Verschwörungstheorie machte. Die Katholische Kirche hat sie verteufelt, und erst vor zwei Jahren rehabilitiert – als «Apostolin der Apostel». Namentlich taucht sie im Lukas-Evangelium (8, Vers 1 ff.) auf: «Anschliessend nahm er den Weg durch die Städte und Dörfer, predigte und verkündete das Evangelium vom Reiche Gottes, und die Zwölf waren bei ihm sowie einige Frauen, die von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt Magdalena, von der sieben Dämonen ausgefahren waren...»

Maria aus Magdala, einem Fischerdorf in Galiläa, ging ihrer Familie tatkräftig zur Hand, verweigerte sich aber einer geforderten Verheiratung. Sie erzürnte so Vater wie Bruder, die ihr Schande vorwarfen und glaubten, sie sei von Dämonen besessen. Halb von Sinnen durch eine «Teufelsaustreibung» kreuzte der Prediger Jesus von Nazareth ihren Weg. Sie sagte sich von der Familie los und folgte ihm gegen alle Widerstände. Maria Magdalena wurde seine treuste, verständigste Anhängerin – bis nach Jerusalem und bis zur Kreuzigung. Sie begleitete den Messias bis zur Grablegung, während die Jünger sich verkrochen. Maria Magdalena war die erste, die von der Auferstehung des Heilands kündete, die Jünger überzeugen musste und den Neid des Jüngers Petrus nährte.

Regisseur Garth Davis («Lion») sowie seine britischen Autorinnen Helen Edmundson und Philippa Goslett beziehen klare Position. Es sind die Männer, die Jesu Botschaft von Gottes Reich (anfangs) missverstehen. Das gilt sowohl für den Schwarzen (!) Simon Petrus (Chiwetel Ejiofor) als auch für Judas Iskariot (Tahar Rahim), der vom Erlöser einen irdischen Kraftakt und gewaltsamen Umsturz erwartet und deshalb zum Verräter wird. Es ist anzuerkennen, dass der Film beliebte Episoden wie die Wiederbelebung des Lazarus, die Fusswaschung oder Judas' Kuss eher nebensächlich behandelt. Bemerkenswert ist aber, dass beim Abendmahl Maria Magdalena inmitten der Jünger sitzt. (Die Kunst stellt Jesus stets im Kreis seiner zwölf Jünger dar.)
Das Heilsdrama, gedreht wurde überwiegend in Italien, konzentriert sich auf Maria Magdalena, die sich dem Geiste des Heilsverkünder hingibt (ohne jegliche erotische Anspielungen) und begreift, dass die Erneuerung, sprich das Reich Gottes, von Menschen und Glauben ausgeht und im Inneren stattfindet.

Die Kamera Greig Frasers spiegelt Empfindungen über Gesichter wieder, vor allem bei der überzeugenden Rooney Mara, die wie eine Ikone wirkt. Joaquin Phoenix indes erweist sich als Fehlbesetzung. Seine Leidensmiene in einsamen Momenten oder im Zwiegespräch mit Maria bis zum qualvollen Tod bleibt starr und steif. Ein Gesicht mit Haaren, bös gesagt. Auch wenn diese Filmbiographie sehr konservativ und brav ausfällt, und sich auf keine Spekulation (war Maria Magdalena die Geliebte Jesu?) einlässt, hat der Spielfilm seinen Reiz – als Glaubensdrama und (biblisches) Monument der Emanzipation: Die verschmähte Jüngerin Maria Magdalena (Jesus: «Sei meine Hand») wird rehabilitiert, gleichzeitig aber auch zur feministischen Lichtgestalt hochstilisiert. Fazit: Das Maria-Drama entpuppt sich als gut gemeintes, geschöntes Frauenbild, das zeitgemäss sein will und niemandem wehtut.



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Grossbritannien, Australien 2018
120 Minuten

Regie: Garth Davis
Drehbuch: Helen Edmundson, Philippa Goslett
Kamera: Greig Fraser

Darsteller: Rooney Mara, Joaquin Phoenix


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