Jagdzeit

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Machtkämpfe auf der Führungsetage: Dem redlichen gewissenhaften Finanzchef Maier (Stefan Kurt) wird ein Topmanager (Ulrich Tukur) aus Deutschland «aufs Auge gedrückt». (Ascot Elite)



Profil und Profit


Das kennt man nur zu gut. Ein Unternehmen, das die deutsche Autoindustrie beliefert, schliddert in eine Krise, und schon wird nach einem starken Mann gerufen, der den Karren wieder flott machen soll. So geschieht es auch im Schweizer Unternehmen Walser. Knall auf Fall wird ein Topmanager aus Deutschland herbeordert und dem redlichen Finanzchef Alexander Maier (Stefan Kurt) vor die Nase gesetzt. Der eiskalte Sanierer Hans-Werner Brockmann (Ulrich Tukur) setzt erst einmal «Duftmarken», versprüht Optimismus und verteilt Kündigungen. Scheinheilig offeriert Brockmann ein Agreement mit dem redlichen Finanzchef. Beide wollten doch das Beste für die Zulieferfirma, schmeichelt Brockmann.

Film ist Fiktion, auch wenn die Geschichte, die erzählt wird, von wahren Begebenheiten angeregt wurde. So legen die Produzenten von Turnus Film Wert darauf, dass ihr Spielfilm «Jagdzeit» zwar von Ereignissen in der Wirtschaftswelt inspiriert wurde, aber im Wesentlichen fiktiv ist, was Handlung und Personen angeht. Sabine Boss («Der Goalie bin ig») lässt zwei Manager aufeinander los, die beide behaupten, sie agierten zum Wohl der Firma Walser. Die beliefert seit Jahrzehnten Automobilkonzerne. Doch der Schweizer Zulieferkonzern lahmt und ist in Schwierigkeiten geraten. Der Finanzchef Alexander Maier (Stefan Kurt) bemüht sich redlich, geht in seinem Job auf, bis eines Tages ein neuer CEO auftaucht. Hans-Werner Brockmann (Ulrich Tukur) ist ein knallharter Topmanager, der vom deutschen Konzern dem Walser-Unternehmen verordnet wurde Wie so üblich. Brockmann soll die Firma wieder auf Kurs bringen, heisst umstrukturieren. Das geht erfahrungsgemäss nicht ohne Opfer. Einer der Leidtragenden (Mike Müller) protestiert lauthals, natürlich vergeblich.

Ein Verkauf, ein Börsengang werden in Erwägung gezogen, gegen den Rat Maiers. Bald einmal wird dem klar, dass der rigorose, überhebliche Brockmann kein Pardon kennt. Die (moralischen) Standpunkte können nicht gegensätzlicher sein. Der Finanzchef recherchiert, versucht den skrupellosen CEO zu stürzen. Wer den Kürzeren zieht, lässt sich leicht ausmalen.
Es herrscht «Jagdzeit» im Business. Der Wirtschaftsthriller von Sabine Boss nimmt das wörtlich. Die Kontrahenten gehen tatsächlich auf Jagd, wobei der arglistige Brockmann seinen Kontrahenten perfide mit Platzpatronen «füttert». Maier trainiert andererseits in seinem Keller und schiesst auf virtuelle Keiler. Auf lebendige Tiere zu schiessen, widerstrebt dem Mann, der zwar als Finanzexperte top ist, als Vater und Ehemann aber versagt. Maier erkennt, dass er zunehmend isoliert ist und vereinsamt. Er sieht nur einen Ausweg, eine Marke zu setzen und sich zu rächen.

Film ist Fiktion, auch wenn die Geschichte, die erzählt wird, von wahren Begebenheiten angeregt wurde. So legen die Produzenten von Turnus Film Wert darauf, dass ihr Spielfilm «Jagdzeit» zwar von Ereignissen in der Wirtschaftswelt inspiriert wurde, aber im Wesentlichen fiktiv ist. Sabine Boss («Der Goalie bin ig») entwirft ein Psychodrama, das an tragische Vorfälle (Selbstmorde) erinnert, aber auch (geradezu prophetisch) ans jüngste CS-Debakeln (Überwachung) gemahnt. Moral, Ehrlichkeit bleiben auf der Strecke, Beschönigungen, Kaschierungen und Lügen sind an der Tagesordnung. Brockmann wäscht wie einst Pontius Pilatus seine Hände in Unschuld. Kühl und sachlich distanziert zeichnet «Jagdzeit» ein verheerendes moralisches Bild aus der Manageretage. Es geht um Profil und Profit. Mit feinen Strichen und Sensibilität seziert der Spielfilm Geschäftsgebaren und Gegenwart. Menschlichkeit bleibt auf der Strecke.


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Schweiz 2020
91 Minuten

Regie: Sabine Boss
Drehbuch: Simone Schmid, Sabine Boss, Norbert Maas
Kamera: Michael Saxer

Darsteller: Stefan Kurt, Ulrich Tukur, Anna Tenta, Rabea Leuthold, Pierre Siegenthaler


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