White Bird

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Verschworene Freundschaft: Der behinderte Julien (Orlando Schwerdt) versteckt die jüdische Klassenkameradin Sara (Ariella Glaser) vor Nazi-Schergen. (Ascot-Elite)



Mut zur Menschlichkeit


Aufgeben ist oft der bequeme Weg, aber meistens kein Ausweg. Das soll auch der junge Julian (Bryce Gheisar) lernen, der bös in der Schule aneckt und wegen Mobbing eines Mitschülers von einer New Yorker Schule gewiesen wird. Ein verzogener Bursche, den sich seine Grossmutter Sara (Helen Mirren) vorknöpft.

Sie schildert ihm einfach ihre Jugend in Frankreich Anfang der Vierzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Die Deutschen haben den Zweiten Weltkrieg angezettelt. Gut behütet im Dorf Aubervilliers aux Bois, besucht die 15-jährige Sara (Ariella Glaser) die Schule. Alles gut, bis deutsche Truppen einfallen. Nazis jagen 1942 jüdische Menschen auch in Frankreich und deportieren sie in Konzentrationslager (KZ). Mitschüler Julien (Orlando Schwerdt), von anderen wegen einer Behinderung (Kinderlähmung) gehänselt und gemieden, schützt die Jüdin Sara vor den Häschern, die ihre Eltern verschleppt haben. Der Junge versteckt das Mädchen bei seinen Eltern (Gillian Anderson und Jo Stone-Fewings) auf dem Land.
Saras Welt beschränkt sich jahrelang auf eine Scheune, abgeschottet und geschützt. Julien kümmert sich um Nahrung, Lernen, Sicherheit. Eine innige Gemeinschaft, doch es ist eine gefährdete, brüchige Idylle. Prompt kommt der mit den Faschisten kollaborierende Mitschüler Vincent (Jem Matthews) Julien auf die Schliche, entdeckt das Versteck. Julien kümmert sich, und der «weisse Vogel» (oder Taube), der erscheint, verspricht Hoffnung, irgendwann müssen die Gräuel enden …

Der Bündner Marc Forster hat das gefeierte Jugendbuch von Raquel J. Palacio verfilmt. Die ergreifende und tragische Geschichte über Zivilcourage, Solidarität und Freundschaft in düsteren Zeiten wird in eine Rahmenerzählung (Rückblick der Grossmutter) eingebettet, die heute spielt. Saras Schicksal wird zum Mahnmal und Plädoyer für Menschlichkeit und Nächstenliebe. Beispiele solcher tätigen Hilfe, Courage und Nächstenliebe sind selten – heute. Hass, Geschrei und Gewalt dominieren die Öffentlichkeit – von lauten Studentenprotesten bis zu Attentaten und Kriegen.

Ein Film wie «White Bird» ist wichtig in Zeiten des grassierenden blinden Antisemitismus. Ob das eindrückliche Schicksal der Grossmutter freilich Katharsis und Läuterung des jungen Julian im Film bewirken kann, bleibt frommer Wunsch. Fraglos trägt dieser Film eine humane Botschaft, macht Hoffnung. Den beiden jungen Darsteller Ariella Glaser und Orlando Schwerdt ist dabei, ein besonderer Kranz zu winden. Sie spielen so überzeugend, dass jeder Zuschauer bewegt und berührt wird.


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USA 2023
122 Minuten

Regie: Marc Forster
Buch: Mark Bomback
Kamera: Matthias Königswieser

Darsteller: Ariella Glaser, Olivia Ross, Ishai Golan, Gillian Anderson, Orlando Schwerdt, Jo Stone-Fewings, Jem Matthews


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