The Favourite

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Rivalinnen um Macht und Begehren: Die Favoritin Sarah (Rachel Weisz, links) hat in Abigail (Emma Stone, Bild oben) eine ehrgeizige Konkurrentin um die Gunst der Queen Anne (Olivia Colman, rechts).(Fox)


Zickenkrieg oder Schlaue Schmeicheleien


«Schicksalsjahre einer Kaiserin», hiess es in den Fünfzigerjahre, als Romy Schneider alias «Sissi» das Kinopublikum zu Tränen rührte. Wenn Königinnen heute die Hauptrolle spielen, geht es hart auf hart, um Macht und Überleben. Das Schicksal der Schottenkönigin ist bekannt – von der Bühne (Schillers «Maria Stuart») und aus etlichen Kinowerken etwa mit Katharina Hepburn (1936), Vanessa Redgrave (1971) oder im Film vom Schweizer Thomas Imbach («Mary Queen of Scots», 2013). Jetzt hat sich Josie Rourke der tragischen Figur angenommen: «Mary Queen of Scots» beschreibt das Drama um die Königinnen von England und Schottland aus weiblicher Sicht, besticht durch Präzision und Präsenz der Hauptdarstellerinnen Saoirse Ronan (Mary Stuart) und Margot Robbie (Queen Elizabeth I.).

Auch beim höfischen Drama «The Favourite» geht es um königlich-menschliche Befindlichkeiten, Begehren, Macht und Rivalität. Nur steht hier Queen Anne Anfang des 18. Jahrhunderts im Zentrum. England kämpft gegen die Franzosen um das Spanische Erbe. Der Zicken-Clinch «The Favourite», bravourös und abgründig boshaft inszeniert vom Griechen Giorgos Lanthimos («The Killing of a Sacred Deer»), zählt zu den grossen Oscar-Favoriten. Zehnmal wurde sein düsteres Drama nominiert u.a. als Bester Film, Bester Regie, Beste Schauspielerinnen, Beste Nebendarstellerinnen. Vorgängig erhielt die «Favoritin» siebenmal einen British Academy Award und einen Golden Globe (Beste Hauptdarstellerin Olivia Colman.

Um die schwerkranke Queen Anne (Olivias Colman), ein körperliches Wrack, kümmert sich Sarah Churchill (Rachel Weisz), Herzogin von Marlborough und Gattin des englischen Heerführers Marlborough. Sie beeinflusst die geschwächte Königin (Gicht) und dirigiert als Einflüsterin die Staatsgeschäfte. – eine Herrscherin hinter der Herrscherin. Sarah nimmt die verarmte Cousine Abigail Masham (Emma Stone) auf, die, vom Vater verzockt, sich als Magd verdingen musste. Geschickte schmeichelt sich die Neue am Hof ein, gewinnt dank eines Heilkrauts die Gunst der leidenden Königin und erweist sich als gefährliche Rivalin gegenüber der Favoritin Sarah. Die schlaue Schmeichlerin gewinnt Sympathieterrain, teilt nicht nur das Bett mit der Königin, sondern weiss auch, ihre gesellschaftliche Stellung markant zu verbessern. Abigail rehabilitiert sich quasi und steigt aristokratisch auf, indem sie eine Heirat mit Höfling Masham (Joe Alwyn) aushandelt. Die ausgebootete Sarah, vom Hof verbannt, versucht verzweifelt, das Herz der Königin zurückzugewinnen.

Vor dem Hintergrund des Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714), des höfischen Lebens, der politischen Machtkämpfe und Intrigen arrangiert Regisseur Giorgos Lanthimos ein perfides, schmutziges Ränkespiel zwischen zwei Frauen, die um die Gunst der geschwächten Queen Anne buhlen, nach Macht lechzen und ums eigene Überleben kämpfen. Da täuschen keine Kostüme, fadenscheinige Sympathien und Versprechungen hinweg: Hier sind zwei rücksichtslose Rivalinnen am Werk, die Gefühle und Männer manipulieren – hinterhältig, eigennützig, lust- und lasterhaft. Da mag man am Ende auch den Beteuerungen der Herzogin Churchill nicht glauben, sie habe immer die Wahrheit im Auge gehabt und der Königin aus Liebe gedient. Das höfische Spiel um Intrigen und Irrsinn, Macht und Manipulation, das sich (historische) Freiheiten nimmt, lässt sich leicht auf unsere Zeit übertragen, wo Manipulationen, falsche Fakten und Schein gang und gäbe an der politischen Tagesordnung sind. Starkes Kino, starke Schauspielerinnen (wobei die Männer wie Hampelmänner wirken) – ein Kostümfilm zwischen Himmel und Hölle, Krone und Sumpf. Grandios.


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GB, USA 2018  
120 Minuten

Regie: Giorgos Lanthimos
Buch: Deborah Davis, Tony McNamara
Kamera: Robbie Ryan

Darsteller: Olivia Colman, Rachel Weisz, Emma Stone, Nicolas Houlf, Joey Alwyn


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