Sekuritas

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Rollentausch: Eine Sekretärin (Jeanne Devos) wird zur Wachfrau (Kathrin Veith) auf Zeit. (Filmcoopi)



Nachts, wenn die Wachfrau kommt …


Was wäre wenn Mauern oder Häuser erzählen könnten? Was würde der Gebäudekomplex erzählen, der einst die Tonbandfirma Studer-Revox in Regensdorf beherbergte. Die bahnbrechenden Soundpioniere waren in den Achtziger- und Neunzigerjahren eine grosse Marke – national wie international. Doch Studer-Revox ist im Spielfilm «Sekuritas» kein Thema, spielt keine Rolle – ist nur Schauplatz. Die Filmerin Carmen Stadler (Buch und Regie), hat einem Bau, der vor dem Abbruch steht, eine Stimme gegeben – für die Zuschauer. Das stille Haus spricht und meldet einen Wunsch an, bevor es platt gemacht wird, es möchte noch eine Liebesgeschichte zu erleben, und Regisseurin Carmen Stadler macht es möglich.

Wenige Menschen bewegen sich nachts in diesem labyrinthartigen Komplex. Eine Wachfrau (Kathrin Veith) stromert durch die Gänge und Flure und kontrolliert. Sie begegnet mehr als einmal dem Putzmann (Duraqid Abbas Ghaieb) mit arabischen Wurzeln. Sie fühlt sich angezogen, bleibt aber lange auf Distanz zum Fremden, zum Verführerischen. Die verträumte Sekretärin (Jeanne Devos) verführt die Wachfrau zu einem Rollentausch – auf Zeit. Ein Chef, der sich mit einer Abschiedsrede plagt, kommt einem kauzigen Koch näher. Menschen begegnen sich in menschenleeren Räumen, nähern sich, trennen sich. Sicher ist niemand – und alleine offenbar auch nicht.

Carmen Stadler, in Dielsdorf geboren, entwirft ein irrlichterndes Szenarium – mit Lichtern, erhellenden und verlöschenden, dunklen Winkeln, Kellern, Büros, und endlosen Fluren. Die Nocturne «Sekuritas» kann man als eine Parabel über Verlorenheit und Verliebtheit, über fragile Sicherheit und Sehnsüchte ansehen – manchmal magisch, bisweilen profan, aber durchweg phantasieanregend. Ein spinniger Spuk über fragile Sicherheit und stille Sehnsüchte. Ein Film eben, wie er nicht alle Tage oder Nächte zu sehen ist.


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Schweiz 2019
117 Minuten

Buch und Regie: Carmen Stadler
Kamera: Anina Gmür, Aladin Hasic

Darsteller: Kathrin Veith, Durald Abbas Ghaleb, Jeanne Devos, Daniel Kasztura


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