On the Basis of Sex

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Von Professoren und Juristen diskriminiert, liess Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) im Kampf um Gleichberechtigung nicht locker. (Ascot Elite.)



Dem Recht zu Recht verhelfen – gegen eine Männerdomäne


Sie ist eine Kämpferin für Recht und Gleichberechtigung und wurde zur Gallionsfigur in der amerikanischen Rechtsprechung. Die Juristin Ruth Bader Ginsburg, jüdisch-amerikanischer Abstammung, bekam als Studentin Häme und Frauenfeindlichkeit ihrer Professoren und Mitstudenten zu spüren, liess sich nicht beirren und eroberte eine Männerbastion. In den Sechzigerjahren war sie als Juristin ein Fremdkörper, wurde von Kanzleien abgelehnt.

Inspiriert und unterstützt von der kämpferischen Anwältin Dorothy Kenyon (Kathy Bates) nahm sich Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) eines unscheinbaren Falles an. Einem Mann, der seine kranke Mutter pflegte, wurde verweigert, diesen Dienst von der Steuer abzuziehen, weil er eben ein Mann sei (nach dem Prinzip «on the basis of sex»). Hartnäckig und clever zieht sie den Fall, unterstützt von ihrem Mann Marty (Armie Hammer), weiter. Ihre Überlegung: Wenn ihr Mandat Recht bekommt, könnte das Urteil wegweisend sein, um ein wichtiges Zeichen zu setzen im Kampf um Gleichstellung der Geschlechter. Und so geschah es. Mit diesem juristischen Coup löste sie eine Lawine im Kampf gegen Diskriminierung los. Ruth Bader Ginsburg wurde 1993 unter Präsident Bill Clinton an den Supreme Court, dem höchsten Gerichtsstand in den USA berufen und zur lebenden Legende. Es ist fraglich, ob ein Präsident wie Trump dazu Hand gereicht hätte – bei seinem Frauenbild!

Das Justizdrama «On the Basis of Sex – Die Berufung» (2018) von Mimi Leder reiht sich nahtlos in die Reihe grosser Gerichtsfilme ein. Es sei an Billy Wilders «Zeugin der Anklage» (1957) mit Marlene Dietrich und Charles Laughton erinnert, wo die Zeugin (Dietrich) den Angeklagten belastet und entlastet – aus Liebe und einen Akt der Selbstjustiz vollzieht.

Der wohl berühmteste Film dieses Genres spielt sich vor Gerichtsschranken ab: «Die zwölf Geschworenen» (1957) von Sidney Lumet. Ein Kammerspiel im Gerichtssaal mit Henry Fonda. Der Fall scheint eindeutig, doch ein Geschworener (Fonda) hat seine Zweifel. Mann um Mann (es gibt in diesem Gremium keine Frau) überzeugt er die Geschworenen von der Unschuld. Nur einer (Lee J. Cobb) sperrt sich.

Ein anderes Tribunal spielt sich nach dem Zweiten Weltkrieg ab: «Urteil von Nürnberg» (1961). Stanley Kramer, beraten von Erich Maria Remarque («Im Westen nichts Neues»), schildert in seinem Spielfilm, wie ein Richter (Spencer Tracey) versucht, sich ein Bild zu machen über nationalsozialistische Richter. Dem Ankläger (Richard Widmark) steht der Verteidiger (Maximilian Schell) gegenüber, der einen beschuldigten Mediziner (Burt Lancaster) vertritt. Dieser hat im Sinne der Nazis (Rassenschande) geurteilt und verurteilt, er wusste um die Naziverbrechen und verschanzt sich hinter dem Argument, im Dienste des Volkes gehandelt zu haben. In «Philadelphia» (1993) von Jonathan Demme kämpft ein homosexueller, HIV-infizierter Anwalt (Tom Hanks) gegen Diskriminierung, und darum geht es ja auch im historischen Kampf «On the Basis of Sex».

Nach dem Drehbuch von Daniel Stiepleman, dem Neffen von Ruth Bader Ginsburg, konzentrierte sich Regisseurin Mimi Leder auf den Schlüsselfall der engagierten Kämpferin gegen Diskriminierung und Gleichberechtigung. Spannend, wenn auch konventionell und allzu glatt inszeniert. Eine filmische Huldigung. Der heute 85-jährigen Juristin haben Betsy West und Julie Cohen einen Dokumentarfilm gewidmet: «RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit» (Start: 28. März). RBG ist ein Markenzeichen geworden. Der Film dokumentiert ihre Karriere, ihre Anliegen und Wirkungen, aber auch ihr Leben als Mutter und Gattin.


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USA 2018  
121 Minuten

Regie: Mimi Leder
Drehbuch: Daniel Stiepleman
Kamera: Michael Grady

Darsteller: Felicity Jones, Armie Hammer, Sam Waterston, Kathy Bates


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