Luchs

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Eine Wildkatze als Populationspolizist: Der Luchs sorgt für Gleichgewicht des Waldes. (JMH)




Polizist der Population


Jahrelang gejagt, vertrieben, ist er in die Schweiz zurückgekehrt. Der Luchs wurde in den Siebzigerjahren im Kanton Neuenburg neu angesiedelt. Das scheue Raubtier ist ein wichtiges Glied des Gleichgewichts im Wald.

Ein Heulen, Fauchen dringt wintertags durch den Wald. Eine Klage, eine Warnung, ein Kampfruf? Geschmeidig wie ein Tiger huscht ein Tier durchs Unterholz, hält inne, sendet laute Signale: Der eurasische Luchs ruft sein Weibchen. Paarungszeit. Für kurze Zeit kommen die beiden Raubtiere zusammen. Dann verlässt das Männchen die angewachsene Familie. Die Mutter kümmert sich allein um ihre drei Jungen.

Der angesehene Fotograf Laurent Geslin publizierte in Magazinen wie National Geographic, Paris Match oder Animan, seit über einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit dem scheuen Raubtier Luchs, hat den Film «Le retour fragile du lynx» (25 Minuten), den Fotoband «Lynx» und nun einen längeren Dokumentarfilm herausgebracht. Mit unendlicher Geduld hat er eine Luchsfamilie im Jura durch alle Jahreszeiten begleitet, hat sie verloren und wiedergefunden. Wir werden Zeuge, wie die Mutter ihre Kätzchen versorgt, aufzieht und eines Tages allein losziehen lässt. Dass nicht alle überleben, scheint natürlich. Der Verkehr ist der grösste Feind, er ist zu 60 Prozent schuld am Sterben des Wildtieres.

Der Jäger auf Samtpfoten ist im Jura wieder ansässig geworden. Rund 150 Tiere leben heutzutage in diesen Wäldern. Der Luchs, diese Raubkatze mit den spitzen Ohren, ist ein Polizist der Population, ein «Eckpfeiler des Waldes» (Geslin). und wichtiges Glied der Umwelt. Er hält die Population des Wildes, das am Bestand des Waldes «nagt», im Zaum, sorgt für ein Gleichgewicht. Gemeint ist die sogenannte Plenterung-Methode, das heisst: Um Erhaltung und Nutzung des Waldes zu gewährleisten, muss der Bestand und die Fortpflanzung des Waldes nachhaltig geschehen, müssen Jungtriebe vor allzu massivem Äsen geschützt werden. Jäger Luchs verhindert massive Schäden. Er ernährt sich von Rehen, Gämsen, auch Füchsen und Wildkatzen. Die seit mehr als hundert Jahren in bestimmten Regionen praktizierte Methode der Plenterung hat sich wie in der Neuenburger Region bewährt. Sie ermöglicht eine auf lange Sicht stabile und konstante Holzproduktion, eine natürliche und dauerhafte Regeneration des Waldes, heisst es in einem Pressedossier.

Geslins Film kommt nicht als Lehrstunde daher (die sparsamen Kommentare werden vom Filmer selbst auf Französisch gesprochen, auf Deutsch von Raphael Tschudi). «Lynx/Luchs» ist eine Erzählung, zugleich ein Naturpoem und Dokumentation. Geschickt haben Laurent Geslin und Cutter Laurence Buchmann aus Momentaufnahmen die Geschichte einer Luchsfamilie geformt. Ein universeller Einblick in einen Mikrokosmos und eine ausserordentliche Hommage an die Umwelt, die Natur.


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Schweiz 2021  
82 Minuten

Buch, Kamera und Regie: Laurent Geslin
Schauplatz Jura


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