Ich bin dein Mensch

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Kann denn Liebe künstlich sein? Die Wissenschaftlerin Alma (Maren Eggert, oben) soll den humanoiden Roboter Tom (Dan Stevens, im Bild mit Sandra Hüller) testen und verguckt sich … (Filmcoopi)



Können Roboter lieben und umgekehrt?


Künstliche Intelligenz ist ein hochaktuelles Thema und beschäftigt Literatur und Film seit Jahrzehnten. Es begann mit Philip K. Dicks SF-Geschichte «Träumen Androiden von elektrischen Schafen?» (1968), die Ridley Scott zum unübertroffenen SF-Thriller «Blade Runner» (1982) animierte, in dem ein Mann Maschinenmenschen jagt. Stanley Kubrick liess in seinem SF-Klassiker «2001: Odyssee» (1968) eine Maschine das Kommando in einem Raumschiff übernehmen. Andere Filmer sponnen den Faden weiter, machten Roboter zu Replikanten, die Menschen zum Verwechseln ähnlich waren. In Alex Garlands «Ex Machina» (2015) verliebt sich ein Programmierer in eine verführerische Maschine namens Ava (Alicia Vikander), die sich nach einem Leben unter Menschen sehnt. In Spike Jonzes «Her» (2013) entwickelt sich die Maschine Samantha kontinuierlich weiter und wird immer menschlicher. Sie giert geradezu darauf, eine körperliche Beziehung mit dem schüchternen Theodore aufzubauen.

Und nun hat sich Maria Schrader von einer Kurzgeschichte von Emma Braslavsky inspirieren lassen. «Ich bin dein Mensch» handelt von der Liebschaft zwischen einer Wissenschaftlerin und einem humanoiden Roboter. Dr. Alma Felser (Maren Eggert) arbeitet am Pergamonmuseum in Berlin und lässt sich zu einem Test von einer smarten Beraterin (Sandra Hüller) überreden und bezahlen: Sie soll drei Wochen lang mit dem Roboter Tom (Dan Stevens) zusammenleben, sein Verhalten (er ist ganz auf Almas Bedürfnisse eingestellt) testen und ihre eigenen Erfahrungen mit diesem künstlichen Menschen für die Firma Terrareca dokumentieren.

Anfangs gibt es technische Aussetzer des Lebenspartners auf Zeit und Fehlversuche geradezu menschlicher Art. Doch der smarte Tom ist sehr lernfähig, geht immer mehr auf ihre Vorlieben, Eigenarten und Sehnsüchte ein. Er umgarnt seine Bezugsperson, verweigert der «Domina» aber sexuelle Erfüllung (als sie ihn im Rausche zum Sex animieren will). Der Humanoide wird ihr sympathisch, gleichwohl ist ihr Testergebnis negativ - natürlich rein sachlich betrachtet. Sie spricht ihm so menschliche Rechte ab. Schliesslich schickt Alma ihren fast perfekten Lebenspartner ins Pfefferland, hat aber nicht mit ihrer und seiner Reaktion gerechnet.

Maria Schrader lieferte mit ihrem dritten Spielfilm «I’m Your Man» (so der internationale Titel – und Leonard Cohen lässt grüssen) eine ungewöhnliche Romanze – verschmitzt, ironisch, fast leichtfüssig und doch tiefsinnig. Witzig dabei ist auch, dass die Verhältnisse für einmal umgekehrt sind: Der Mann (Roboter) dient der Frau, ist ganz auf die Beziehungsperson fokussiert und programmiert. Maria Schrader lotet Beziehungsmuster und -spiel zwischen Geschlechtern, aber auch zwischen Mensch und Maschine gekonnt aus. Können Liebe und Algorithmen zusammenkommen? Der Wunsch ist der Motor des Gedankens und vielleicht einer neuen Wirklichkeit? Wieweit kann eine Maschine den Mensch ersetzen, können Gefühle «nachgebaut» werden?

Ein pfiffiger, wenn nicht arglistiger Film, der nachhallt und beschäftigt. Das ist auch den beiden Hauptdarstellern, der Hamburgerin Maren Eggert (Silberner Bär in Berlin) und dem Briten Dan Stevens zu verdanken, die eine überzeugende Performance bieten: Eggert als nüchterne Wissenschaftlerin, die doch einem gewissen (künstlichen) Charme erliegt, und Stevens als perfekt programmierter Partner, der elegant seinen Job erfüllt und dabei in kleinen Nuancen seinen Roboterursprung andeutet.



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Deutschland 2021
104 Minuten

Regie: Maria Schrader
Buch: Schrader, Jan Schomburg
Kamera: Benedict Neuenfels

Darsteller: Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch


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