Kann man blind vor Liebe werden? Die Studentin Asli (Canan Kir) will die Veränderung ihres Ehemanns Saeed (Roger Azar) nicht wahrhaben. (Prosafilm)
Fatales Verhältnis oder Wenn Liebe blind macht
Liebe zwischen unterschiedlichen Kulturen, zwischen einer Christin und einem Araber. Kann das gutgehen? Der deutsche Filmtitel «Die Welt wird eine andere sein» klingt verheissungsvoll und ist doch verfänglich zugleich. Die türkischstämmige Asli (Canan Kir) – sie studiert Medizin – verliebt sich in den Libanesen Saeed (Roger Azar), der nach dem Willen seines Vaters ungern Zahnmedizin studiert. Die Eltern sind gegen die Liaison Christin-Araber. Doch sie wollen nicht voneinander lassen, schlafen miteinander. Doch allmählich stellen sich Veränderungen ein. Er will keinen Sex mehr, bis sie geheiratet haben. Sie werden ein Ehepaar. Doch dann wird mit harschen «Ansprüchen» (Forderungen) ihres Ehemanns konfrontiert. Er trinkt plötzlich nicht mehr, sie soll nicht mehr rauchen. Sie beugt sich und schweigt auch, als er für Monate verschwindet. Er hatte ihr vorher ein Schweigeversprechen abgenommen. Sie ist unsicher und reist zu Saeeds Familie nach Beirut, die auch nichts Genaueres über sein Verschwinden weiss, bis eine Nachricht aus dem Jemen kommt.
Tatsächlich steht Saeed eines Tages wieder vor der Tür in Hamburg und versucht die Gründe seiner viermonatigen Abwesenheit zu verschleiern. Sein grösster Wunsch bleibt es, eine Pilotenausbildung zu absolvieren. Seine Frau nennt er zärtlich «mein Copilot». Eine Ausbildungschance bekommt er in Florida. Asli reist ihm nach und wird nach ihrer Heimkehr von der Nachricht geschockt, dass er erneut verschwunden ist. Man schreibt den 11. September 2001.
Aus der Perspektive der jungen Frau beschreibt Anne Zahra Berrached die fatale Geschichte einer Liebe in fünf Kapiteln (Jahren) – vom Aufkeimen ihrer Liebe und der Veränderung ihres Geliebten, über Heirat, Saeeds Radikalisierung und Verschwinden bis zu Aslis Suche, ihr Wiedersehen und die letzte fatale Offenbarung. Regisseurin Berrached, Tochter eines Algeriers in der DDR aufgewachsen, beschreibt den Konflikt zweier Menschen zwischen den Kulturen, die Tragödie einer blinden Liebe, die Folgen von Verrat und Täuschung aus radikalen Gründen. Der Film lehnt sich ans Leben des libanesischen Terroristen Ziad Jarrahs an. Doch sein Tun und Lassen stehen in «Copilot» nicht im Fokus. Vieles bleibt offen.
Das Drama dreht sich vielmehr um die intelligente Medizinerin Asli, deren Verhalten und Verdrängen für viele kaum nachvollziehbar sind. Warum verschliesst sie die Augen und begreift nicht? Sie ist einem Mann hörig, der sie liebt, gleichzeitig benutzt und betrügt. Die Welt wurde nicht nur für sie eine andere (siehe Filmtitel), sondern auch für West wie Ost (Asien). Ein packendes brisantes Zeit- und Liebesdrama, auch über gelähmte Emanzipation –gesellschaftspolitisch relevant und kompromisslos.
Deutschland, Frankreich 2021
118 Minuten
Regie: Anne Zohra Berrached
Drehbuch: Berrached, Stefanie Misrahi
Kamera: Christopher Aoun
Darsteller: Canan Kir, Roger Azar, Özay Fecht, Jana Ruth Roth