Babylon – Rausch der Ekstase

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Ein Leben auf dem Vulkan: Party bis zum Geht-nicht-mehr – Hollywood kennt keine Grenzen. (Warner).



Die grosse Hure Hollywood


Die ersten dreissig Minuten haben es in sich: Ein Elefant soll eine Partygesellschaft amüsieren. Der Mexikaner Manny Torres (Diego Calva) leitet den Transport. In einer Prunkvilla toben sich Hunderte von Menschen aus. Man lässt die Puppen tanzen zu stampfenden Klängen. Die Leiber, kostümiert oder halbnackt, bewegen sich zu heissen Jazzrhythmen oder verrenken sich beim Charleston. Es wird gepafft, getrunken, gebumst, geliebt als gäbe es kein Morgen. In diese hemmungslose Party-Orgie schmuggelt sich das exaltierte Starlet Nellie LaRoy (Margot Robbie). Sie fällt in dieser Party-Orgie auf. Genau das ist ihr Ziel.

Und so wird sie samt ihres Förderers Manny, der ebenfalls Karriere beim Film machen möchte, zur Leit- und Leidfigur in dieser bombastischen Hollywood-Revue. Man schreibt das Jahr 1926. Der Stummfilm blüht. Jack Conrad (Brad Pitt) ist ein Star, der sich alles erlauben kann. Er wird auf Manny aufmerksam und bindet ihn an sich. Sein Best Boy schafft alles, selbst eine Kamera in letzter (Sonnen-)Minute für eine Massenszene (antike Schlacht) zu besorgen. Hollywood boomt, doch stehen die Zeichen auf Sturm. Um 1930 werden die ersten Tonfilme gedreht. Jetzt sind nicht nur hübsche Gesichter und Körper gefragt, sondern auch sympathische Stimmen. Dass der grosse Star Jack bei einer Liebesszene auf der Leinwand beim Publikum ausgelacht wird, ist bitter für den Mimen. Ein Magazinartikel gibt ihm den Rest. Die Klatschjournalistin Elinor St. John (Jean Smart) schenkt ihm reinen Wein: «Du bist nicht mehr gefragt. Deine Zeit ist vorbei!» Sein Freund James (Tobey Maguire) hat bereits die Segel gestrichen, auch der unwiderstehliche Jack zieht die Konsequenzen.

Babylon – der Name elektrisiert. Die Stadt wuchs unter König Nebukadnezzar (605 bis 562 v. Chr.) zur blühenden Grossstadt mit 200'000 Einwohnern. Eine prachtvolle Herrschermetropole. In der Bibel ist von der «babylonischen Gefangenschaft» die Rede, weil nämlich König Nebukadnezzar nach Zerstörung die jüdische Oberschicht nach Babylon verschleppen liess. Babylon, hebräisch Babel genannt, wurde im christlichen Verständnis zum Synonym für das Böse, für Ausschweifungen und Dekadenz. Und diese Deutung nutzte Regisseur und Autor Damien Chazelle. Sein «Babylon» ist nicht nur ein süchtiges Sündenpfuhl, sondern auch ein Beispiel für Auf- und Abstieg, Triumph und Tragödie. Chazelle stopft drei Jahrzehnte Hollywood- und Filmgeschichte in seine monumentale Schau. Zuviel. Vieles wird so dick aufgetragen, dass man dieser überbordenden Revue müde wird. Weniger wäre mehr gewesen.

Ein Lichtblick ist Margot Robbie (oscarreif!) als Starlet, das von Hollywood angemacht, aufgesogen und ausspuckt wird. Brad Pitt schlägt sich wacker und altersschön als ausgemusterter Star durch auf dieser bombastischen Zeitreise.


 
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USA 2022  
188 Minuten

Buch und Regie: Damien Chazelle
Kamera: Linus Sandgren
Darsteller: Margot Robbie, Brad Pitt, Diego Calva, Tobey Maguire, Max Minghella


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