Peter K. – Allein gegen den Staat

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Allein gegen alle: Peter H. Kneubühl (Manfred Liechti) fühlt sich von Staat und Menschheit verfolgt. (Aardvark)



Gefangen von Feindbildern


Er war ein Getriebener, der sich unverstanden und verfolgt fühlte und hielt im September 2010 Biel und den Staats- sprich Polizeiapparat in Atem. Peter Hans Kneubühl wähnte sich im Recht und hatte sein Elternhaus mit Waffengewalt verteidigt. Seine Schwester in Amerika wollte ihr Erbe verkaufen, und Peter Kneubühl war dagegen. So war ein Erbstreit eskaliert, der in einem Kleinkrieg mündete.

Laurent Wyss, Programmleiter von Telebielingue, Produzent und Filmer («Manche Hunde müssen sterben») hat sich intensiv mit dem «Psychopathen» beschäftigt und versucht, ihm in seinem Spielfilm «Peter K – Alleine gegen den Staat» gerecht zu werden, gespickt mit Originalaufnahmen, Statements, TV-Bildern auch über Sympathiekundgebungen für Kneubühl.

Peter Hans Kneubühl ist ein unauffälliger Mann, der sich absondert, bedeckt hält und kaum Kontakte pflegt. Er hatte seine Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt und wähnte sich sicher in seinem Elternhaus. Doch seine Schwester im Ausland hatte anderes mit dem Erbe im Sinn: Sie wollte das Haus verkaufen – und ihr Bruder stellte sich quer. Das rief den Staat auf den Plan, und dessen Organe – vom Gericht bis zum Polizeiaufgebot. Man hatte anscheinend nur die Möglichkeit, dem gewaltbereiten renitenten Hausbewohner, der sich verbarrikadiert hat, mit Gewalt zu begegnen.

Filmautor Laurent Wyss bringt für seinen Helden viel Sympathie auf, zeigt Verständnis, wobei die Tage, die der flüchtige Kneubühl in den Wäldern untertaucht, etwas viel Raum eingeräumt wird. Zum Höhepunkt gerät der Prozess gegen Kneubühl, der sich der Staatsgewalt entziehen wollte und einen Polizisten schwer verletzt hatte. Man erfährt, wie dieser Mann, von Kindheitserfahrungen schwer gezeichnet, sich in einen Verfolgungswahn steigert und von krankhaftem Obrigkeitshass geprägt ist. Er fühlt sich in die Enge getrieben, vereinsamt und isoliert. Kontakt pflegt er nur mit seiner Tante Susi (Sibylle Brunner). Sein Schlusswort: «Wer ist der Psychopath – meine Schwester oder ich?»
Schauspieler Manfred Liechti füllt die Rolle eines Täters, der sich als Opfer sieht, mit jeder Pore, jedem Blick. Er hätte einen Schweizer Filmpreis (Quartz) 2022 mehr als verdient. Überhaupt lässt dieses Psychodrama den Spielfilm «Bis wir tot sind oder frei» (2020) über den Ausbrecherkönig Walter Stürm weit hinter sich.

Anzumerken ist auch, dass sich Schweizer Filmer vermehrt mit historischen oder zeitgenössischen Personen, mit deren Schicksal oder Aktivitäten befassen, etwa «Und morgen seid ihr tot» (2021) über die Schweizer Geiseln bei den Taliban oder «A Forgotten Man» (2022) über den Schweizer Botschaft in Berlin während der Nazizeit, ein Drama, das am Zurich Film Festival Premiere feierte, aber noch keinen Verleih gefunden hat.


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Schweiz 2022
75 Minuten

Buch und Regie: Laurent Wyss
Kamera: Daniel Leippert

Darsteller: Manfred Liechti, Sibylle Brunner, Hanspeter Bader


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