Nuestras madres

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Das Vergangene nicht vergessen: Ernesto (Armando Espitia) versucht Tote zu identifizieren, die vor Jahrzehnte im Bürgerkrieg Guatemalas umgekommen sind. (Trigon-Film)



Vermisst, vergangen, vergessen und tote Zeugen


Die ersten Bilder zeigen Knochen, menschliche Knochen. Sie stammen aus einem Massengrab. Forensiker Ernesto (Armando Espitia) setzt Skelette zusammen, von Menschen, die vor 20, 30 Jahren umgekommen sind: Opfer des Bürgerkriegs in Guatemala. Dazumal (1960–1996) tobte ein Bürgerkrieg zwischen linken Guerillas und Militär der rechten Regierung. 200 00 Menschen kamen bei diesen Auseinandersetzung um. Viele Zivilisten verschwanden, wurden verschleppt oder umgebracht (ähnlich wie in Chile 1973–1988 unter Pinochet).

Ernesto selbst vermisst seinen Vater, der wohl Guerillakämpfer war und spurlos verschwunden ist. Doña María (Aurelia Caal), eine Frau aus einem abgelegenen Dorf, meldet sich bei Ernesto und möchte, dass er ein Grab untersucht, in dem sie ihren toten Mann Juan Manuel vermutet. Sie zeigt ihm ein Bild, in dem der junge Ermittler seinen Vater wiederzukennen glaubt. Er ist nahezu besessen, die Spuren seines Vaters aufzunehmen und allenfalls seinen Leichnam zu finden. Seine Mutter Cristina (Emma Dib) möchte indes die Vergangenheit ruhen lassen und am liebsten vergessen.

Regisseur César Díaz schildert in seiner Dokufiction einen ergreifenden Prozess. Massengräber wurden auf private Initiative geöffnet, während die Behörden die Vergangenheit am liebsten begraben möchten. Überlebende Mütter sollen in einem Prozess aussagen, was dazumal geschehen ist: Männer und Kinder wurden von Soldaten delinquiert, die Frauen malträtiert, vergewaltigt, gefoltert. Ernestos Arbeit – Zusammensetzen der gefundenen Skelette und Identifizierung – steht für die Auseinandersetzung mit den Gräuelgeschehnissen in Guatemala. César Díaz beschreibt dieses Trauma einer Nation, die Vergangenheitsbewältigung und Trauerarbeit mit grossem Respekt und Sensibilität. Dazu wollte Díaz, so seine Erklärung, «den persönlichen und emotionalen Weg einer Frau einer Figur erkunden, mit der ich mich identifizieren konnte».

Es handelt sich dabei um Ernesto und sein Verhältnis zu seiner Mutter Cristina. Ein erschütterndes Drama – ruhig, fast still, mit langen Einstellungen und Gesichtern, die für tragische Schicksale stehen. In Cannes als bestes Erstlingswerk mit der Caméra d'Or ausgezeichnet.
 

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Guatemala 2019  
78 Minuten

Buch und Regie: Cesar Díaz
Kamera: Virginie Surdej

Darsteller: Armando Espitia, Emma Dib, Aurelia Caal, Julio Serrano Echeverria


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