Mank

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Mit Leidenschaft und Wut am Werk: Herman J. Mankiewicz (Gary Oldman) arbeitet am Drehbuch zum Kinofilm «Citizen Kane». Eine Hollywood-Muse steht ihm bei: Die blonde Diva Marion Davies (Amanda Seyfried) versteht seine Ambitionen, hier mit «Mank» (Bild unten) als Jeanne d’Ârc in Filmkulissen. (Ascot Elite)



Im Clinch mit Hollywood


Er war stur wie ein Panzer, wollte aus dem Dunkeln ans Licht, heisst auf die Leinwand - namentlich. Nicht als Darsteller, sondern als Autor. Herman Jacob Mankiewicz, kurz Mank genannt, war Drehbuchautor in Hollywood, nicht zu verwechseln mit seinem Bruder Joseph L. Mankiewicz, der sich einen grossen Namen als Regisseur («All About Eve», 1950, «Julius Caesar», 1953, «Cleopatra» mit Taylor und Burton, 1963) und Produzent («The Quiet American», 1958) gemacht hat. Herman, der älteste Sohn deutschjüdischer Auswanderer, 1897 in New York geboren, arbeitete als Drehbuchautor. Berühmt wurde er durch seine Zusammenarbeit mit Orson Welles an dessen Klassiker «Citizen Kane». Mank ist ein unverbesserlicher Sturkopf, grandioser Autor, Zyniker und Trinker. Er verpflichtete sich 1939, für Orson Welles, dem Radio-Wunderkind («Krieg der Welten»), das Drehbuch für dessen ersten Kinofilm in 60 Tagen zu schreiben. Mankiewicz und Welles kannten sich vom Radio her. Im Fokus ihres geplanten Films sollte eine einflussreiche Persönlichkeit stehen. Zuerst dachte Welles an den Produzenten und Abenteurer Howard Hughes, doch dann rückte der Medienmogul William Randolph Hearst in den Blickpunkt. Er diente quasi als Inspiration für den zwielichtigen Kinohelden Charles Foster Kane und für ein Drama über den amerikanischen Traum des Aufstiegs, über Fall und Verlust.

Die Auseinandersetzung um das Drehbuch zwischen «Mank» Mankiewicz und Welles ist zentrales Thema des aktuellen Film «Mank». Dessen Drehbuch hatte der Vater des Regisseurs, Frank Fincher, verfasst. David Fincher («Gone Girl») spannte einen Zeitbogen von 1936 bis zur Oscar-Verleihung 1942 (Welles und Mankiewicz wurden fürs Drehbuch ausgezeichnet). Mankiewicz stand unter Zeitdruck, hatte sich auf eine Ranch in der Mojave-Wüste bei Los Angeles zurückgezogen und schrieb wie ein Berserker am Drehbuch – oft im Bett nach einem Unfall, oft alkoholisiert. Der kantige Eigenbrötler, kongenial von Gary Oldman verkörpert an Krücken, im Suff oder bei seinen Ausbrüchen, wird von der Pflegerin Freda (Monika Grossmann) und Schreibkraft Rita (Lily Collins) unterstützt. Bisweilen taucht Orson Welles (Tom Burke) auf, mischt sich ein, streitet mit seinem Autor, der unbedingt im Nachspann namentlich aufgeführt werden will – gegen den Willen des Regisseurs. Die gealterte Diva Marion Davies ist so etwas wie Seelenverwandte, sie versteht seine Ambitionen, seine Eitelkeiten, sein Selbstverständnis.

Finchers packende, geradezu manische Auseinandersetzung um den Autorenclinch, um Hollywoods Society, Vernetzungen, Ränke und Ambitionen ist ein Drama in klassischem alten Stil – in schwarzweissen Bilder mit zahllosen Zeit- und Schauplatzsprüngen. Bisweilen verwirrend und irritierend, oft faszinierend. Er durfte wohl schalten und walten, wie er wollte, wie einst Welles es konnte. Ein Vergnügen für Kinokenner, das man sich am besten zweimal gönnen sollte. Notabene eine Netflix-Produktion.


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USA 2020  
131 Minuten

Regie: David Fincher
Buch: Jack Fincher
Kamera: Erik Messerschmidt

Darsteller: Gary Oldman, Amanda Seyfried, Charles Dance, Lily Collins, Tom Burke


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