Il buco

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Was erwartet uns in der Tiefe? Ein Forschertrupp erkundet 1961 die tiefsten Höhlen Italiens und ein Kuhhirte beobachtet, wie Forscher eine Erkundung vorbereiten und dann 687 Meter weit in das Höhlenlabyrinth Bifurto vordringen. (Xenix Film)

 
 

Sprachlose Erkundungen:
Bilder sprechen für sich

 
Zwei Ebenen, zwei Welten: Im Pollino, einem Gebirgszug an der Grenze Kalabriens, bereitet ein junges Forscherteam aus dem Piemont im August 1961 die Erkundung eines unbekannten Höhlensystems vor. Man nennt es Bifurto. Sie steigen in das Loch (buco) hinab, tasten sich vor, messen, skizzieren, zeichnen. Parallel dazu werden immer wieder Bilder von einem alten Kuhhirten eingeflochten, dessen Tage gezählt scheinen. Die Welt ist still in diesem abgeschiedenen Flecken im Nationalpark Pollino, dem grössten Italiens, seit 1993 eingerichtet. Er umfasst im südlichen Stiefel Teile Kalabriens und Basilikatas. Berge zwischen 1500 und 2250 Metern bilden das Kernstück dieses Naturparks am südlichen Ende des Apennin.

Beobachtet werden die jungen Höhlenforscher von einem alten Hirten, der in der Nähe ihres Camps mit seinen Schweinen, Kühen und Esel lebt. Der alte Mann und die Forscher – sie scheinen geografisch nahe und doch so weit voneinander entfernt. Jeder geht seinem Tageswerk auf den Weiden oder im Höhlensystem nach. Berührungspunkte gibt es nicht, die bleiben dem Zuschauer überlassen. Es ist ein stiller Film ohne Dialoge und Kommentare. Mal ertönt ein Hirtenruf, mal rufen sich die Männer der Höhlenexpedition ein paar Brocken zu. Da sind keine Worte nötig, die Bilder des Tessiner Kameramanns Renato Berta sprechen für sich, auch bisweilen nur Dunkelheit herrscht. Ergänzt durch Archivaufnahmen aus den Sechzigerjahren.

Regisseur Michelangelo Frammatino, der bereits mit dem Meditationsfilm «Le quattro volte», ebenfalls in Kalabrien gedreht, bemerkenswerte Aufmerksamkeit fand, engagierte zwölf junge Höhlenforscher, welche die Erkundung ihrer Kollegen um 1961 nachspielten. Es passiert nicht viel in diesem suggestiv malerischen Semi-Dokumentarfilm «Il buco». Er fesselt gleichwohl, wenn man sich auf die Langsamkeit, das schier Eintönige, das seltsam Alltägliche einlässt. Eine filmische Meditation. Der Film machte eine erfolgreiche Festivaltour von Venedig (Premiere im September 2021) über Rotterdam bis Karlovy Vary (Karlsbad, Tschechien).
 

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Italien 2021      
93 Minuten

Regie: Michelangelo
Drehuch: Frammartino, Giovanna Giuliani
Kamera: Renato Berta

Darsteller: Paolo Cossi, Kacopo Elia, Denise Trombin, Nicola Lanza, Antiono Lanza, Leonardo Larocca


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