Electric Fields

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Inspiriert: Eine Frau (Sabine Timoteo) träumt sich nach Rom und erfüllt sich eine Sehnsucht. Aus dem Rahmen: Ein Waldgänger (Michael Neuenschwander) verliert sich und findet sich. (Vinca Film)

 

Universum der Sehnsüchte


Sechs Episoden plus Zwischenspiele fügen sich zum aussergewöhnlichen Film in Schwarzweiss. Autorin und Regisseurin Lisa Gertsch entwirft in ihrem Abschlussfilm «Electric Fields» quasi Stromfelder der eigenen Art. Menschen fallen aus dem Rahmen, durchbrechen die Normalität, entkommen der Normalität. Verborgene Sehnsüchte brechen sich Bahn.

Ein Toter wird durch ein Radio auferweckt; eine Lampe glüht ohne Strom; eine Personalberaterin springt aus dem Fenster; ein Liebespaar verbringt eine letzte gemeinsame Nacht – aus diesem Stoff ist Lisa Gertschs Schwarzweissfilm gebaut. Er beschreibt Menschen, deren Leben aus den Fugen geraten ist. Sie geben sich Illusionen hin, verschwinden im Wald, sprechen mit Topfpflanzen, finden sich in Rom wieder, möchten sich Vogelschwärmen anschliessen. Die Bernerin Gertsch kreiert ein «magisches Universum voller Suchender und Liebender», ein poetisch verspieltes Lebenspanoptikum auch. Sie gibt dem Leben, den Lebenden eine Chance, einen anderen Drive. Sie spürt Gefühlen nach, macht sie greifbar.

«Trotz aller Drehbuchtheorien zu filmischem Erzählen», meint Autorin Gertsch, «bleibt in der Summe aller Teile eines Filmes eine gewisse Rätselhaftigkeit, wie und ob sich solche ungreifbaren Gefühle wie jenes der Melancholie im fertigen Film entfalten werden oder nicht. Ich liebe es, diesen Vorgang zu ergründen.» Bewusst setzte sie auf die Ausdruckskraft des schwarzweissen Bildes und meinte in unserm Gespräch «Das war eine intuitive Entscheidung, weil ich glaube, dass Schwarzweiss zu diesem Film, zu dieser etwas entrückten Welt passt. Schwarzweiss schafft etwas Distanz zur Realität. Schwarzweiss verleiht einen gewissen Kontrast zur heutigen Welt.»

Filmemacherin Lisa Gertsch, weder mit dem verstorbenen Künstler Franz Gertsch noch mit dem Berner Schauspieler Max Gertsch verwandt, schuf einen bemerkenswerten Arthouse-Film, der alles in allem rund 100’000 Franken (!) kostete. Das mache mal einer nach! Nebenbei kann man in diesem Film eine Kölner Band namens «Fortuna Ehrenfeld» zu entdecken, die den Song «Endlos weit weg» beisteuerte. Sie ist zurzeit auf Deutschland-Tour und wird am 13. Oktober in Zürich (Komplex 457) zu hören sein.
 

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Schweiz 2024        
80 Minuten

Buch und Regie: Lisa Gertsch
Kamera: Simon Bitterli

Ensemble: Michael Neuenschwander, Sophie Hutter, Ole Eisfeld, Julia Jentsch, Sabine Timoteo, Jasmin Mattei


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