Downton Abbey II – A New Era

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Turbulenzen um das Erbe der Old Lady Violet Crawley (Maggie Smith): Was hat es mit der Villa an der Côte d'Azur auf sich?  (Universal)



 

Adel verpflichtet:
Sanfter Klassenclinch und Tonfilm-Turbulenzen

 
Eine adelige Gesellschaft, eine treue Dienerschaft, ein fürstlicher (exakt: gräflicher) Landsitz, ein historischer Rahmen, Nostalgisches und Menschliches, allzu Menschliches. Das sind die Ingredienzen einer imposanten Erfolgsgeschichte. Julian Fellows, der geadelte Drehbuchautor, hat sie kreiert und schreibt und schreibt. Ein Ende ist nicht abzusehen. Mittlerweile gibt es 52 TV-Folgen in 6 Staffeln, Christmas Specials und zwei Kinofilme – seit 2010. Ein opulentes Phänomen. Auf das neuste Kinowerk «Downton Abbey II – A New Era» kann man sich mit Vergnügen einlassen, auch ohne das Stammpersonal und die unzähligen Vor- und Nebengeschichten genau zu kennen.

Kern des verzweigten Techtelmechtels mit Klassenbewusstsein bildet die britische Adelsfamilie Crawley – an der Spitze mit der altmodischen, aber hellwachen Violet Crawley (Maggie Smith), Lady im Methusalem-Alter, mit Hausherr Earl of Grantham alias Robert Crawley (Hugh Bonneville), seiner Frau Cora (Elizabeth McGovern) und deren Tochter Lady Mary (Michelle Dockery), die das Zepter übernommen hat.

War der Besuch von König Georg V. und Queen Mary das Grossereignis im ersten Kinofilm (2019) so ist es nun das Gastspiel einer Filmcrew auf Downtown Abbey. Die Herrschaften brauchen Geld, also lässt man sich eher widerwillig auf das Experiment ein. Regisseur Jack Barber (Hugh Dancy) und sein extravaganter blonder Star Myrna (Laura Haddock) wirbeln einiges durcheinander. Man schreibt das Jahr 1927/28. Dramatisch wird es aber erst, nachdem man festgestellt hat, dass der Stummfilm keine Zukunft mehr hat. Abbruch der Dreharbeiten? Lady Mary hat die geniale Idee, den Stumm- in einen Tonfilm zu verwandeln. Kein Problem für Hauptdarsteller Guy Dexter (Dominic West), aber die Stimme der Blondine ist ungeeignet. Kann man sie ersetzen?

Das ist der eine turbulente Handlungsstrang in der neuen Abbey-Historie. Andererseits sorgt das Erbe der Countess of Grantham (Violet Crawley) in Südfrankreich für Besorgnis und Unruhe. Die Villa gehörte einem Mann, den die Countess vor ihrer Ehe kannte und mit dem sie wahrscheinlich liiert war. Wenig erbaut über den Bescheid des Verstorbenen ist dessen Witwe (Nathalie Baye). Was steckt dahinter?

Die zwei Schauplätze, hier der imposante Adelssitz Highclere Castle in Hampshire (der Drehort), dort die südländische Côte d'Azur. Hier die konservative ältere Sippschaft, dort die jüngere Generation, hier alte Herrschaftsstrukturen, dort Aufbruch ins Tonfilmzeitalter.  Wie kommen Oberschicht und Dienerschaft klar? In diesem Spannungsfeld bietet Regisseur Simon Curtis alles auf, was ein Gesellschaftsspektakel mit nostalgischem Touch unterhaltsam macht vor märchenhafter Szenerie, getragen von exquisiten Schauspielern, etwa Michelle Dockery als etwas trockene, aber elegante und umsichtige Realistin Mary bis zur sagenhaften Maggie Smith (87!), die als Old Lady Pfeffer in den Gesellschaftsclinch streut. Ein Kränzchen muss man auch den «niederen Bediensteten» winden – vom Butler Mr. Charles Carson (Jim Carter) bis zur Haushälterin Elsie Mrs. Carson (Phyllis Logan), vom Küchenmädchen Daisy (Sophie McShera) bis zum Lakai Andy Parker (Michael Fox). Mit einem illustren Clou schliesst das Gesellschaftspuzzle in neuer Ära: Die Dienerschaft tauscht Rollen. Einfach hinschauen und sich aristokratisch spitzbübisch amüsieren.

 
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Grossbritannien 2022    
125 Minuten

Regie: Simon Curtis
Drehbuch: Julian Fellowes
Kamera: Andrew Dunn,

Ensemble: Hugh Bonneville, Elizabeth McGovern, Michelle Dockery, Laura Carmichael, Maggie Smith, Jim Carter, Phyllis Logan, Michael C. Fox, Nathalie Baye


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