Crossing

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Suche: Die pensionierte Lehrerin Lia (Mzia Arabuli) gibt nicht auf, ihre verschwundene Nichte Tekla im queeren Milieu Istanbuls zu finden und findet im jungen Achi (Lucas Kankava, oben) einen Seelenverwandten und Verbündeten. (Prosafilm/Cineworx)



Grenzen überschreiten und finden


Queere Themen liegen im Trend – vom ESC und dem Medienrummel um Schweizer Sieger Nemo bis unzähligen Gender-Beiträgen in allen Medien, auch im Kino. Dieser «Boom» kann auf die Nerven gehen. Da lohnt es sich, positive Beispiele zu nennen und zu empfehlen. Ein Beispiel dafür ist der polnische Spielfilm «Woman of …» (siehe ensuite, Ausgabe September 2024).

Hier ist von einem georgischen Spielfilm die Rede, der grösstenteils in der Türkei spielt: «Crossing». Levan Akin, schwedischer Filmemacher mit georgischer Abstammung, schildert eine ungewöhnliche Suche und Findung. Tekla war im georgischen Dorf Batumi nicht gelitten. Sie war eben anders, eine Trans-Frau, die spurlos verschwand. Lia (Mzia Arabuli), eine pensionierte Lehrerin, hatte ihrer Schwester versprochen, deren Tochter Tekla zu finden. Das schlechte Gewissen plagte Lia (72), denn sie hatte wie ihre Schwester die transsexuelle Tekla im Stich gelassen. Nach vagen Angaben des Dorfjungen Achi (Lucas Kankava) macht sie sich auf den Weg nach Istanbul, den Teenager Achi im Schlepptau. Wir erleben eine düstere Stadt am Bosporus. Im «Getto» leben Transfrauen, Prostituierte, Menschen aus der Queer-Community und andere Aussenseiter der Gesellschaft. Eine Begegnung mit Evrim (Deniz Dumanli), einer Anwältin für Trans-Rechte in einer NGO (Non-Governmental Organization) bringt sie weiter. Sie schleust sie durchs Milieu, hilft ihnen bei der Suche. Lia sieht den «letzten» Sinn ihres Lebens darin, ein Versprechen zu erfüllen und sich von der Vergangenheit zu lösen. Maia Arabilki verkörpert diesen spröden Charakter mit Verve und Würde. Das Trio Lia, Evrim und Achi verbindet das Anderssein, der Wille zum Aufbruch, zur Veränderung und Widerstand gegen diktierte Normen.

Das Roadmovie «Crossing» basiert laut Regisseur Levan Akin auf einer wahren Geschichte: «Ich lernte den Grossvater eines transsexuellen Mädchens kennen, der ihr zur Seite stand und sie unterstützte auch wenn es die restliche Familie nicht tat», erzählt Akin. Er wollte mit seinem Film auch die Kluft zwischen Generationen erforschen. Er hat vor allem in Istanbul, aber auch Ankara recherchiert. «Ich wollte, dass sich der Film so anfühlt, wie sich Istanbul für mich anfühlt. Voller Möglichkeiten, aufregend und lebendig.»

«Crossing» bricht Tabus, überschreitet Grenzen, zumindest was Georgien und die Türkei angeht. Die LGBTC-Community (steht für lesbian, gay, bisexual and transgender) ist hier wie dort geächtet und wird diskriminiert. Der Film appelliert an Selbstbestimmung, freie Identität und Solidarität. Eindrücklich.


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Schweden/Georgien/Türkei 2024      
106 Minuten

Buch und Regie: Levan Akin
Kamera: Lisabi Fridell

Ensemble: Mzia Arabuli, Lucas Kankava, Deniz Dumanli, Nina Karchava


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