Corpus Christi

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Ein Falschspieler mit Überzeugung: Daniel (Bartosz Bielenia) mutiert zum Priester mit Leib und Seele. (Xenix Film)



Gelebter Glauben und eine Seele von Seelsorger


Ein polnischer Film mehr, welcher der Gesellschaft und kirchlichen Verkrustungen auf den Zahn fühlt. Jan Komasa schildert den Weg eines jungen Kriminellen, seine Wandlung und Bestimmung. Der 20jährige Daniel sitzt in einer Jugendstrafanstalt und hat ein offenes Ohr für Pater Tomasz, dem geistlichen Betreuer. Auf Bewährung entlassen findet der gläubige Straftäter einen Job in einem Sägewerk. Wie der Zufall will, zeigt Marta (Eliza Rycembel) an ihm Interesse, sieht in ihm einen Priester. Gern nimmt Daniel (Bartosz Bielenia) die «Offerte» an und gibt sich als pilgernder Priester aus. Er mutiert quasi zum Kirchenmann, der im Dorf gebraucht, weil der zuständige Priester in Kur gehen muss. Der amtierende Kirchenmann lässt sich ebenso gutgläubig täuschen wie die Gemeinde. Manche finden Gefallen an diesem jungen unorthodoxen Gottesmann. Er ist ehrlich, unverblümt, menschenfreundlich – das kommt besonders bei jungen Leuten gut an.

Keine Frage, Daniel wird ein «Pater Tomasz». Ihm geht es nicht um die Kirche, ihren Popanz und ihre Rituale, sondern um Menschen, um wahre Seelsorge. Der unkonventionelle Prediger setzt sich auch für einen Dorfbewohner ein, der als Schuldigen geächtet wird, weil an einem Verkehrsunfall beteiligt ist, bei dem sechs junge Leute starben. Daniel will, dass sich die Menschen versöhnen. Das predigt er nicht nur, sondern setzt seine Überzeugung, seinen Glauben um.

Ein Priester als Hochstapler und Betrüger, der Gutes stiftet. Ein Gottesmann und Seelsorger – nicht von Amts und der Kirche wegen, sondern aus vollem Herzen. Dass lässt aufhorchen. Natürlich wird er von einem Mithäftling aus schnöden Gründen enttarnt, aber Daniel hat sich längst zum tätigen Gläubigen entwickelt. Das Drama «Corpus Christi» erweist sich nicht nur als bemerkenswertes Glaubensbekenntnis, sondern als Gesellschaftskritik. Dabei lassen sich einige Vorbehalte gegenüber der polnischen Gesellschaft ablesen. Sei es, dass der Katholizismus in seinen Formen erstarrt und die Kirche teilweise unglaubwürdig geworden ist, dass der Schein oft trügt. Das Wahre und Echte können sich auch hintr4 Masken verbergen (Hochstapelei). Der Film «Corpus Christi» ist eine Entdeckung. Er pendelt zwischen Komödie und menschlichem Drama und wurde für den Oscar nominiert. Film und Bartosz Bielenia überzeugen als Priester Daniel auf der ganzen Linie. Respekt.


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Polen 2019    
116 Minuten

Regie: Jan Komasa
Drehbuch: Mateusz Pacewicz
Kamera: Piotr Sobocinski jr.

Darsteller: Bartosz Bielenia, Eliza Rycembel, Aleksandra Konieczna


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