Olga

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Heimisch im Sport, fremd im Land: Olga (Anastasia Budiashkina) ist Spitzenturnerin und bereitet sich in der Schweiz auf die Europameisterschaften vor. (Xenix Film)



Zwischen den Welten


Eine Spitzenturnerin im Teenageralter. Olga (Anastasia Budiashkina) ist ehrgeizig, will an die Europameisterschaft. Doch dann brechen 2013 Unruhen in ihrer Heimatstadt Kiew aus. Der Euromaidan-Aufstand (Proteste in der Ukraine zwischen November 2013 und Februar 2014) forderte die Staatsmacht und Polizei heraus, die mit Gewalt – wie sonst – reagierten. Am Ende musste der prorussische Staatspräsident die Weite suchen.

Olgas Mutter ist in die Demonstrationen involviert und in Gefahr. Ihre Tochter muss sich in Sicherheit bringen, auch um ihre sportliche Karriere nicht zu gefährden. Schweren Herzen nimmt sie Abschied von ihren Sportfreundinnen, ihrer Mutter, ihrer Heimat. Das Ziel heisst Schweiz, das Land ihres Vaters. In der Fremde fühlt sie sich fremd, sorgt sich um ihre aktive Mutter. Magglingen bietet ihre die Chance, sportlich Fuss zu fassen. Allmählich knüpft sie neue Kontakte, feilt an ihrer Form, wird Schweizerin. Doch innerlich bleibt sie ihrer Heimat verbunden, will zurück, als sie erfährt, dass ihre Mutter ein Opfer ihres revolutionären Engagements wird.

Elie Grappe (28) stammt aus Lyon, studierte Tanz und Musik, dann ab 2011 Film. Sein erster Spielfilm, u.a. in Magglingen gedreht, wirkt sehr authentisch, auch weil Grappe gezielt junge Sportlerinnen suchte und einsetzte. «Ich wollte nicht mit professionellen Schauspielerinnen arbeiten. Ich musste versuchen, die Wahrheit der Darstellerinnen einzufangen.» Ihn interessierte «die Diskrepanz zwischen ihrem Ideal der Perfektion und dem, was sie ausserhalb ihres Sports sind: emotionale Teenager mit ihren Stärken, ihren Ängsten und ihren widersprüchlichen Wünschen.» So wirkt sein Film sehr dokumentarisch – mit Mitgliedern der Nationalmannschaften aus der Ukraine und der Schweiz. Seine Stärken sind Engagement, Emotionalität und Physis. Den jungen Darstellerinnen mag die schauspielerische Ausstrahlung fehlen, doch das machen sie durch ihre Wahrhaftigkeit und Betroffenheit wett. Ungewohnt gewinnt der Film an Aktualität, denn was mit den Protesten vor neun Jahren begann, kann nun durch Putins Übergriffe zunichte gemacht werden, und die Ukraine wird von russischen Potentaten einverleibt.


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Schweiz/Ukraine 2021  
85 Minuten

Regie: Elie Grappe
Buch: Grappe und Raphaëlle Desplechin
Kamera: Lucie Baudinaud

Darsteller: Anastasia Budishkina, Sabrina Rubtsova, Caterina Barloggio, Thea Brogli, Tanya Mikhina


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