McQueen

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Er kannte keine Berührungsängste, Grenzen und Tabus: Der besessene britische Modemacher Alexander McQueen legte auch Hand an Lady Gaga und Madonna an und hing abgöttisch an seiner Mutter (Bild oben). (Ascot Elite)


Manischer Modemacho


Er war ein Berserker, Besessener, Designer-Rebell und Tabubrecher. Der radikale Mode-Schöpfer Alexander McQueen eruptierte wie ein Vulkan und verglühte. Sein Spruch «Meine Shows sind Sex, Drugs and Rock'n'Roll. Ich will Aufregung und Gänsehaut. Ich will Herzattacken auslösen. Ich will, dass der Notarzt kommt.» Ein Mann aus England, der die Modebranche aufmischte und den Catwalk zur bizarren Showbühne machte.

Peter Ettedgui und der Genfer Ian Bonhôte rollen das Leben des Mode-Exzentrikers auf – von seinen ersten Näh-und Designertätigkeiten in London bis zu den extravaganten, überspannten Moderperformances in Frankreich, vom Aufstieg und Ruhm bis zur Einsamkeit und selbstbestimmten Ende. Für Lee, so riefen ihn Bekannte und Freunde, war der Becher voll, als seine Mutter starb. Ein Tag vor ihrer Beerdigung 2010 schluckte Alexander McQueen einen Drogencocktail und erhängte sich.

Warum mit jungen 40 Jahren? Im Dokumentarfilm «McQueen» deutet alles darauf hin, dass er am Erfolg zugrunde ging. Je grösser der Erfolg, desto die grösse die Veränderung. McQueen schottete sich ab, brüskierte Weggefährten, veränderte sich innerlich wie äusserlich, wurde depressiv, verlor sich selber und suchte Heil im Kokain. Wir erleben seine masslose Arbeitswut und -besessenheit, seine Wahnsinnsphantasien in der Modegestaltung, hemmungslosen Inszenierungen, seine kindliche Freude und Erfolge – aber auch krankhafte Dominanz, Düsternis und Verlorenheit.

Lee, 1969 geboren, lernte die Schneiderei von Grund auf, gründete sein eigenes Label «alexandermcqueen» und wurde als 27Jähriger Haut-Couture-Creative-Direktor des renommierten, französischen Modehauses Givenchy. Er nahm sein eingeschworenes Team aus England mit und mischte die Szene auf. Seine Modeshows wurden zum Ereignis, zum Schauspektakel. L'art pour l'art oder die Mode als Sinnereignis und Selbstdarstellung. Das ging solange gut, bis ihm der Erfolg über den Kopf stieg, er seine Freunde vor den Kopf stiess, sein Äusseres veränderte, abspeckte, im Koks Trost suchte.

Man muss kein Kenner oder Freund der Fashionbranche, Haute-Couture-Shows und des mondänen Zirkus sein, um vom Film fasziniert zu sein – McQueens provokative, ordinäre und abstrusen Kreationen waren eh nur für den Laufsteg (Catwalk) gedacht und sonst kaum tragbar. Ettedgui/Bonhôte blicken hinter die Kulissen, auf Modells und Macher. Dass sie keine Insider sind, kommt ihrer «Modeschau», ihrem Künstler zugute. Die Statements von Freunden, Begleitern, Mitarbeitern fliessen fast beiläufig ein, sie widerspiegeln die Kreativität, Auswüchse, Triumphe und Nöte des manischer Modeschöpfers, der auch Lady Gaga, David Bowie oder Madonna Kleider ausstattete. Ein spannendes Künstlerporträt mit Tief- und Hintersinn.


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Grossbritannien 2018  
111 Minuten

Regie: Ian Bonhôte und Peter Ettedgui
Drehbuch: Peter Ettedgui
Kamera: Will Pugh

Mit Alexander McQueen, Isabella Blow,


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