Lucky

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Lucky Luke's Lebensabend sozusagen: Philosophisches Gespräch unter Männern (David Lynch und Harry Dean Stanton). (Xenix Film)



Abschied mit einem Lächeln


Er stakst durch die karge Landschaft zwischen Kakteen und Bergen im Hintergrund. Eine Schildkröte, nein die Landschildkröte «Präsident Roosevelt», zieht gemächlich ihres Weges. Sie ist, stellt sich später heraus, ihrem «Besitzer» Howard (David Lynch) davongekrochen. Das juckt den Schmalbrust-Cowboy Lucky nicht die Bohne. Nach dem morgendlichen Ritual – Wecken (Radio), Zähneputzen, Yoga-Übungen und Zigarette (oder umgekehrt) – stiefelt der Mann (tatsächlich in Cowboy-Boots und Stetson) von seiner Wohnung zum Restaurant, um zu frühstücken und Kreuzworträtsel zu lösen.

Dann zurück zum Haus, um bei irgendwelchen Gameshows oder Quizsendungen am Fernsehen die Zeit totzuschlagen. Abends trifft sich dann der schlaksige Methusalem, eine Art «Lucky Luke» in Rente, in seinem Stammlokal mit Freunden und Gästen, um Alltägliches zu bequatschen, besonders aber Lebensphilosophisches zu diskutieren. Da geht es um Realismus und die Wahrheit, um Einsamkeit und Ängste, nicht zuletzt um «Ungatz» (ein gängiger Ausdruck bei italienischen Einwanderern und der Mafia), sozusagen der Weisheit letzter Schluss. Zur Stammtischtheke gehören die Wirtin, die dem Kettenraucher Lucky die Zigarette im Lokal verbietet, Howard mit der verlorenen Schildkröte, oder ein «Eindringling», von Lucky verspottet, beschimpft, madig gemacht. Andererseits trifft Lucky beim Frühstück einen Ex-Marine Fred (Tom Skerritt), und alte Kriegszeiten werden lebendig.

Der gleichförmige Alltag des notorischen Griesgrams Lucky wird durchbrochen, als er die Einladung einer älteren Frühstücks-Serviertochter mit mexikanischen Wurzeln zum Geburtstag ihres Enkels annimmt. Lucky entpuppt sich als Seelenmensch, der mit seinem mexikanischen Lied alle zu Tränen rührt. Die wohl innigste Szene des Films, den John Carroll Lynch mit und um Altstar Harry Dean Stanton inszeniert hat. Wenn sich der 91-Jährige als Lucky im Wüstenstädtchen bewegt, redet oder auch nur den lakonischen Beobachter spielt, kommen Erinnerungen auf an Filme wie «Paris, Texas» von Wim Wenders, an «Wild at Heart» oder «Twin Peaks» von David Lynch. Auch in der jüngsten Staffel wirkt Stanton mit. Hier mimt nun er mit stoischer Ergebenheit und Hingabe den abgedankten Cowboy, der Angst hat, aber gleichwohl gelassen der nahen Zukunft (Tod) entgegensieht – Ende mit einem Lächeln. Wenige Wochen (am 15. September 2017) nach der Aufführung von «Lucky» am Filmfestival Locarno starb Harry Dean Stanton in Los Angeles.



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USA 2017
Drama
88 Minuten

Regie: John Carroll Lynch
Drehbuch: Logan Sparks, Drago Sumonja
Kamera: Tim Suhrstedt

Darsteller: Harry Dean Stanton, David Lynch


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