Gilles Caron – Histoire d'un regard

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Auf Kriegsschauplätzen zuhause – von Belfast und Jerusalem bis Vietnam und Kambodscha, der französische Fotojournalist Gilles Caron (1939–1970). (Trigon-Film)



Geschichten hinter den Bildern


Er verschwand 1970, nur 30 Jahre alt, spurlos auf einer Strasse zwischen Phnom Penh und Saigon – zusammen mit zwei französischen Kollegen. Das Gebiet wurde dazumal von den Roten Khmer kontrolliert. Sein Schicksal erinnert an den Schweizer Journalisten Christian Würtenberg, der 1992 unter mysteriösen Umständen in Kroatien umkam. Anja Kofmel hatte sich auf die Spurensuche ihres Cousins begeben und den Film «Chris the Swiss» gestaltet.

Hier ist es die französische Dokumentarfilmerin Mariana Otero, die von einem Buch, der Biografie des Fotografen Gilles Caron, animiert wurde, die Bilder und den Bildermacher Caron zu hinterfragen. Otero kämpfte sich durch einen Dschungel von 100 000 Schwarzweissaufnahmen, die sie von Frankreich nach Israel (Sechstagekrieg 1967) und Vietnam (Schlacht bei Dak To 1967), zurück nach Frankreich (Studentenunruhen im Mai 1968) weiter nach Biafra (1968), Nordirland (1969), Prag (1969), Tschad (1970) und nach Kambodscha (1970) führte. Caron gründete 1967 mit Kollegen zusammen die Agentur Gamma und lieferte Reportagen, die teilweise auch im «Paris Match» veröffentlicht wurden. Berühmt wurden unter anderen Aufnahmen vom Studentenführer Daniel Cohn-Bendit in Paris, vom israelischen Verteidigungsminister Moshe Dayan bei der Eroberung Jerusalems oder von der Prominenz im Olympia wie Johnny Hallyday, Alain Delon oder Jacques Brel.
Doch mehr interessierte die Filmerin Carons Aufnahmen vom Krieg, den Menschen, Opfern wir Akteuren. Sie erzählen Geschichten und dokumentieren intime Impressionen der Zeitgeschichte. Gegen Schluss scheinen Carons Töchter Marjolaine und Clémentine einen versöhnlichen Punkt zu setzen. Als hätte er eine Vorahnung schrieb der Fotoreporter 1970 aus Kambodscha an seine Frau: «Meine liebe Marianne, ich wünschte so sehr, ich wäre nie geflogen.»

«Historie d'un regard – Die Geschichte eines Blicks» ist kein konventionelles Biopic, der Film geht tiefer, erzählt von den Menschen hinter den Bildern, hält Augenblicke der Zeitgeschichte, Momente der Wirklichkeit fest. Sehr eindrücklich. (zurzeit beim Streamingdienst filmingo/Trigon-Film)


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Frankreich 2019  
93 Minuten

Regie: Mariana Otero
Buch: Mariana Otero und Jérôme Tonnerre
Kamera: Karine Aulnette, Hélène Louvart

Mitwirkende: Marjolaine Caron, Ursula Duddy, Fiona Gallagher, John Hutton, Robert Pledge


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