Der Läufer

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Momente des Glücks: Jonas Widmer (Max Hubacher) fühlt sich bei Simone (Annina Euling) geborgen, aber der Vergangenheit kann er nicht weglaufen. Eine fatale Entwicklung. (Filmcoopi)


Ein Lauf ins Verderben


Verbissen trainierte er für Waffenläufe – gewann den Frauenfelder 1998 mit 23 Jahren und war jahrelang erfolgreich. Sein Ziel war jedoch die Teilnahme am Marathon bei den Olympischen Spielen. Doch er trägt schwere Hypotheken mit aus seiner Jugend. Der Tod (Selbstmord) und Verlust seines Bruders kurz nach dem Frauenfelder Sieg kann er nicht bewältigen. Mischa Ebner war ein talentierter Waffenläufer, der aus der Bahn geworfen wurde, Frauen beraubte, verletzte und eine tötete. Als «Mitternachtsmörder» errang der Berner böse Berühmtheit. Er wurde gefasst und starb durch eigene Hand 2002 im Regionalgefängnis Thun.

Wie konnte es soweit kommen? Jonas Widmer, so heisst der Held im Spielfilm «Der Läufer», führt anscheinend ein normales Leben, ist als Koch beliebt und mit Simone (Annina Euling) liiert. Alles in Butter? Nein, denn Jonas hat «Aussetzer». Nachts tigert er durch die Strassen Berns, überfällt grundlos Frauen, raubt wahllos ihre Taschen, bedroht und verletzt sie. Ein Opfer stirbt. Jonas schickt einigen Opfern Partikel der Beute zurück – handschriftlich. Das wird ihm zum Verhängnis.

Max Hubacher («Mario») bietet als Jonas nicht zum ersten Mal eine überragende schauspielerische Leistung, überzeugend bis zur letzten Pore und Muskel. Er kniet sich in seinen Part, hat sich akribisch eingelaufen und eingefühlt. Er gibt dem Täter nicht nur ein Gesicht sondern zeigt ihn auch als getriebenen Menschen. Regisseur und Autor Hannes Baumgartner aus Männedorf versucht in seinem Spielfilmdebüt, die Beweggründe, unbegreiflichen Aktionen und Vergehen des Berner Langstreckenläufers zu erläutern, verständlich zu machen. Das gelingt nicht. Er beschreibt zwar mit viel Sympathie einen Menschen, der ein Doppelleben führt, kann aber die Handlungen des Jonas/Mischa nur beschreiben, nicht aber erklären oder ausleuchten. Das gibt der Filmer auch zu: «Das Schreckliche soll nicht länger unerklärlich bleiben. Im Laufe unserer mehrjährigen Recherche musste ich jedoch feststellen, dass sich das tragische Verhalten unserer Hauptfigur nicht monokausal begründen lässt.»

Der Film erfasst tatsächlich mögliche Ursachen des Täters, die Vernetzung verschiedener Faktoren und Erlebnissen, zeitlich versetzt und fiktionalisiert. Der «Held», seine verschütteten Gefühle und unkontrollierten Gewaltakte (scheinbar ohne sexuellen Antrieb) bleiben ein Rätsel und lassen einen nach dem Spielfilm nach wahren Begebenheiten ratlos zurück.


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Schweiz 2018  
92 Minuten

Regie: Hannes Baumgartner
Drehbuch:  Stefan Staub, Hannes Baumgartner
Kamera: Gaëtan Varone

Darsteller: Max Hubacher, Annina Euling, Sylvie Rohrer, Luna Wedler


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