«Oh läck du mir»: Bundespolizist Walter Egli (Beat Schlatter) hat mit dem Welschen Kollegen Jonas (Vincent Kucholl) seine liebe Not. (DCM)
Tschüss Schwyzerdütsch
In einer Volksabstimmung sollen sich Schweizer für eine der vier Landessprachen entscheiden, die landesweit eingeführt werden soll: Einzige Amtssprache soll Französisch werden. Ein Horrorszenarium? Eine Schnapsidee? Nicht bei den Autoren Peter Luisi und Beat Schlatter, die haben den Stoff für eine aberwitzige Satire erkannt.
Die Überheblichkeit und Dominanz der Deutschschweizer sind vielen Landsleuten ein Dorn im Auge, ein Ärgernis, eine Zumutung. So fordert die Initiative «No Bilingue» nur noch eine Landessprache! Infolge einer verrückten Volksabstimmung siegt eine Minderheit über die Deutschschweizer Mehrheit. Französisch soll fortan die Sprachdevise heissen! Da stehen manchen Deutschschweizern die Haare zu Berge.
So auch dem Spiessbürger Walter Egli (Beat Schlatter), dem Deutschschweizer Bundespolizisten. Und ausgerechnet er, dem ein «Bonjour» nur schwer über die Lippen geht, soll für Recht und Sprache sorgen. Gemeinsam mit dem Welschen Kollegen Jonas Bornard (Vincent Kucholl) hat er den Auftrag, den Tessinern auf den Zahn fühlen bzw. den Gehorsam von den Lippen ablesen. Eine Widerstandgruppe begehrt gegen das Sprachdiktat auf, wehrt sich mit Tessiner Temperament gegen die Umsetzung der Initiative. Egli und Kollege soll sie observieren und im Zaum halten. Anführer der «Aufständler» ist Enzo Castani (Leonardo Nigro). Auch die attraktive Francesca (Catherine Pagani) mischt dabei mit. Sie ist dem bieder-braven Bundesermittler Egli ins Auge gestochen und positiv aufgefallen. Was setzt sich durch: Pflicht oder Verstand? Am Ende wird’s dramatisch, weil Tessiner «Guerillas» unter Enzos Führung einen Anschlag im Gotthardtunnel planen. Gibt es gar einen Bürgerkrieg? Was passiert in Bern, wie reagieren Politiker?
Das Drehbuch von Schlatter/Luise weiss Rat: Der Drahtzieher der Initiative (Beat Schlatter in einer Doppelrolle) ist nicht sauber, und Egli kommt ihm auf die Schliche. Die Idee vom französischen Übergriff ist ein typischer Schlatter («Katzendiebe», «Komiker», «Flitzer»): Gaudi mit Hintersinn. Die Sprachenvielfalt in der Schweiz bedeutet nicht nur kulturellen Reichtum. Sie kann auch Hemmschuh, Benachteiligung für die anderen oder ein Alptraum sein. Warum nicht vereinheitlichen? Aber doch nicht bei uns!
«Bon Schuur Ticino» ist eine skurrile Komödie zwischen Kasperltheater und Gesellschaftssatire. Beat Schlatter mimt, was er kann, und Peter Luisi spielt gekonnt auf der Tastatur der Satire. Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Medienleben wie Urs Gredig oder Nathalie Christen wirken dabei ebenso mit wie Pascale Bruderer, ehemalige Nationalratspräsidentin, die sich gleich selbst spielt. Es gibt treffende Gags und Insiderscherze, aber auch eine biedere Liebesgeschichte und ironische gesellschaftspolitische Anspielungen. Luisi/Schlatter haben ein Ideenexperiment auf die Leinwand gebracht mit schelmischem Vergnügen und Augenzwinkern.
Schweiz 2023
88 Minuten
Regie: Peter Luisi
Buch: Luisi und Beat Schlatter
Kamera: Rafael Kistler
Mitwirkende: Beat Schlatter, Vincent Kucholl, Catherine Pagani, Leonardo Nigra, Silvia Jost
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