The Trial of the Chicago 7

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Sieben Protestlern wird in Chicago der Polit-Prozess gemacht: Ihnen wird Aufruhr und Verschwörung vorgeworfen. Besonders den schwarzen Black-Panther-Aktivisten Bobby Seale (Yahya Abdul-Mateen) hat das Gericht im Visier. (Ascot Elite)



Protest gleich Verschwörung


Die 68iger Jahre – eine bewegte Zeit. Lyndon B. Johnson war US-Präsident, er will die Bombenangriffe in Vietnam einstellen. Am 16. März 1968 begingen amerikanische Soldaten das Massaker von Mai Lai, dem 503 Zivilisten zum Opfer fielen. Die Proteste gegen den Vietnamkrieg nahmen in den USA und in anderen Ländern zu. Am 4. April wurde der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King in Memphis erschossen. Ende August fand der Parteitag der Demokraten in Chicago statt. Massive Proteste begleiteten die Veranstaltung, die Polizei griff mit Schlagstöcken und Tränengas ein. Das wäre vielleicht eine Notiz der Geschichte geblieben, wenn nicht sieben Aktivisten der Prozess gemacht worden wäre.

Das Tribunal, politisch motiviert, wurde zum Justizskandal, u.a. auch weil der einzige Schwarze unter den Angeklagten, Bobby Seale, Aktivist der Black Panther Bewegung, während des Prozesses «mundtot» gemacht wurde. Er hatte den Richter wüst beschimpft und das Verfahren scharf attackiert, er wurde gefesselt, geknebelt und später vom Prozess ausgeschlossen.
Diese Vorfälle um die Aktivisten gegen den Vietnamkrieg hat Aaron Sorkin in seinem Justizdrama «The Trial of the Chicago 7» aufgegriffen – von den Vorbereitungen der Protestaktionen, Diskussionen der Hauptakteure und den eigentlichen gewalttätigen Auseinandersetzungen bis zum Mammutprozess, der am 24. September 1969 begann.

Eine Garde hochkarätiger Schauspieler wirkte mit – Yahya Abdul-Mateen II als Black Panther Bobby Seale, Sacha Baron Cohen und Jeremy Strong als Hippies Abbie Hoffman und Jerry Rubin, Eddie Redmayne und Alex Sharp als Aktivisten Tom Hayden und Rennie Davis, Frank Langella als Richter Julius Hoffman, Mark Rylance als Bürgerrechtsanwalt William Kunstler oder Michael Keaton als Ex-Justizminister Ramsey Clark sowie Ben Shenkman als Straf- und Verfassungsrechtler Leonard Weinglass. J.C. MacKenzie als Staatsanwalt Tom Foran, Joseph Gordon-Levitt, Max Adler und Wayne Duvall agierten als FBI-Detektive. Fünf von sieben Angeklagten, ursprünglich wegen Verschwörung, Aufruhr und mehr angeklagt, wurden 1970 wegen Anstiftung zum Volksaufruhr verurteilt. 1972 wurden die Urteile aufgehoben.

Amerikaner und Briten sind Meister des Genres Justizdramen. Aaron Sorkin («Molly's Game») hat in seinem kammerspielartigen Prozessthriller ein Stück US-Geschichte aufgearbeitet, das an Aktualität nicht verloren hat, was Willkür und Staatsgewalt, Rassismus und Justizbeugung angeht. Der unfähige, selbstherrliche Richter Julius Hoffman legt davon ebenso Zeug ab wie die FBI-Agenten, welche die Bürgerrechtler beschatteten. Dass der Film rechtzeitig vor den US-Wahlen in die Kinos kommt, ist Netflix zu verdanken, die den Film für 56 Millionen Dollar kauften. Aaron Sorkin hatte das Drehbuch bereits 2007 verfasst, Steven Spielberg sollte Regie führen. Doch das Projekt wurde auf Eis gelegt, bis Paramount Pictures die Rechte erwarb und Sorkin die Regie übernahm. Ein Zeitbild, das an Aktualität nichts verloren hat angesichts einer Trump-Regentschaft – nach dem Motto: «Ich bin der Staat!» Im Prozess gegen die Chicago Sieben 1968/70 wurde Recht manipuliert und durchgeboxt mit Staatsgewalt.



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USA 2020  
129 Minuten

Buch und Regie: Aaron Sorkin
Kamera: Phedon Papamichael

Darsteller: Sacha Baron Cohen, Eddie Redmayne, Alex Sharp, Jeremy Strong, Noah Robbins, Daniel Flaherty, John Carroll Lynch, Yahya Abdul-Mateen II


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