The Last Duel

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Ein Duell auf Leben und Tod (zwischen Matt Damon, rechts, und Adam Driver), um die Wahrheit herauszufinden: Die anklagende Marguerite (Jodie Comer) ist dem Schuldspruch, der von Schwertern entschieden wird, hilflos ausgeliefert. (Disney)



Standhaft – eine Frau klagt an


Endzeit der Ritterlichkeit im 14. Jahrhundert: Eine Frau klagt einen Ritter wegen Vergewaltigung an. Ein mittelalterlicher #MeToo-Fall sozusagen – lange vor unserer Zeit. Ein Gericht in der Arena: Das Urteil soll von Mann zu Mann, von Schwert zu Schwert gefällt werden. Tatsächlich ist dieser Vorfall dokumentiert. Im Namen seiner Frau Marguerite (Jodie Comer) hat Ritter Jean de Carrouges (Matt Damon) seinen Kampfgefährten und (ehemaligen) Freund Jacques Les Gris (Adam Driver) wegen Vergewaltigung vor dem französischen König angeklagt. Letztmals in der Rechtsgeschichte wurde solch ein derartiges Gottesurteil von der Herrschaft legitimiert und ausgefochten. Wenn allerdings der Kläger, in diesem Fall die Klägerin Marguerite, die sich durch ihren Ehemann vertreten lassen musste, verliert, droht ihr das Todesurteil. Das bedeutete: Marguerite würde auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Der Spannungsbogen in «The Last Duel» dehnt sich von der Aufrüstung der Ritter bis zum Duell auf Leben und Tod. Regisseur Ridley Scott, der so grandiose Monumentalwerke wie die SF-Klassiker «Alien» und «Blade Runner» schuf, beliess es nicht beim spektakulären Ritter-Actionfilm, gespickt mit atemberaubenden Kampfszenen, er entwarf auch ein profiliertes Gesellschaftsbild. Dabei bediente er sich der Kurosawa-Erzählweise in «Rashomon».

Scott lässt die drei miteinander verhängnisvoll verbundenen Hauptfiguren jeweils ihre Sichtweise über die Ereignisse um Freundschaft, Zuneigung, Lust, Begehren und Besitzergreifen erzählen. Natürlich wiederholen sich Szenen, doch wird so der Blick auf Details noch verschärft. Es ist nicht so, dass der brave Rittersmann Carrouges, der vom schnöden Lehnsherren Pierre (Ben Affleck) nicht für voll genommen wird, der eitle, karrieresüchtige Nebenbuhler Le Gris und Marguerite, Opfer des Begehrens, gänzlich andere Geschichten erzählen. Sie haben ihre eigene Perspektive und Wahrheiten: Sie fühlt sich ausgenutzt, geschändet; er meint, sie habe es so gewollt, der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen. Solche Aussagen, vor allem von Männern, kennt man nur zu gut.

Das Drama spielt vor mittelalterlicher Kulisse zur Zeit des 100jährigen Krieges (1337 bis ca. 1453 – Historiker sind sich da nicht einig), in Zeiten der Kriege und Konflikte zwischen den aufkommenden Nationen England und Frankreich und deren Königshäusern und Vasallen. Gleichwohl ist die Auseinandersetzung, gespickt mit rauem Kampfspektakel, höfischen Gepflogenheiten und Ritualen, aktuell. In einer mittelalterlichen Macho-Welt beim Schachern und Schlagen, im Clinch um Macht und Ansehen, ist die Frau nur Objekt und Besitz. Scotts «Duell» ist starkes Kino über archaische Wahrheitsfindung, krassen Fatalismus und einer starken Frau.

Mit dem Thema «Duell» hatte sich der Brite Scott bereits in seinen Filmen «The Duellists» (1977), wo es um die Passion zweier Husaren Anfang des 19. Jahrhunderts geht, und in «Gladiator», dem monumentalen römischen Politgemälde und Heldenepos, befasst.


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Grossbritannien 2021
142 Minuten

Regie: Ridley Scott
Buch: Ben Affleck, Matt Damon,
Kamera: Dariusz Wolski

Darsteller: Jodie Comer, Matt Damon, Ben Affleck, Adam Driver, Marton Csokas


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