Seed – Unser Saatgut

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Die indische Umweltaktivistin Vandana Shiva (Bild) fordert: «Das Saatgut muss frei sein, damit wir Menschen frei sein können. (Frenetic Films)



Die Vielfalt verarmt


«Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.» Das Bibelwort (Galater, 6) kann so oder so ausgelegt werden – positiv, aber auch negativ. Und um Samen und Saatgut geht es in dem Dokumentarfilm «Seed», um Verarmung der Vielfalt, Verlust und Manipulation in der Landwirtschaft. Die Samenvielfalt ist in Gefahr, seitdem grosse Biotech-Konzerne wie Syngenta oder Bayer/Monsanto mitmischen und Saatgut genetisch verändern. Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat zur drastischen Reduzierung der Vielfalt geführt. Das Angebot scheint gross, ist de facto aber geschrumpft. Vor 100 Jahren gab es noch über 500 Kohlsorten, heute existieren noch 28, haben Wissenschaftler festgestellt.

Dass die Gurken grade sind, die Tomaten knallig rot, aber selten nach Tomaten schmecken, dass die Äpfel knackig rund und wie angemalt aussehen, die Kartoffel Form haben und die Salate frisch geputzt ausliegen, freut das Auge des Konsumenten, weckt die Kauflust. Die Produkte scheinen genormt wie aus einem Guss. Da passen Aussenseiter wie verbeulte Kartoffeln oder fleckiges Obst nicht ins Bild beziehungsweise Angebot.

Nicht die Gebote und Normen aus Brüssel haben für Verarmung gesorgt,, sondern manipuliertes Saatgut, auf Effizienz und Profit getrimmt. Biotech-Konzerne haben das Kommando übernommen. Die Grossen verdrängen die Kleinen. Die Techno-Drahtzieher locken und verlocken Bauern mit hochpotenziellem, genetisch verändertem Saatgut. Und das hat Folgen. Die Böden werden ausgezehrt, und ohne Pestizide geht gar nichts. Monokulturen haben die Vielfalt verdrängt, ihr den Garaus gemacht.

90 Prozent aller Saatgutsorten seien verschwunden, berichten die Filmer Taggart Siegel und Jon Betz. Umweltaktivisten wie die Inderin Vandana Shiva, die britische Verhaltensforscherin Jane Goodall oder der britisch-indische Schriftsteller Raj Patel klären auf und kommentieren die fatale Entwicklung. Sie berichten vom Kampf der Indios um ihren Mais in Mexiko oder von der Organisation Native Seeds in Arizona und Mexiko. Die Saat, quasi ein biblisches Gut, ist zu einer Ware geworden – kontrolliert, manipuliert, aussortiert. Mit ihrem Film appellieren Siegel und Betz, das verbliebene Saatgut zu retten und zu schützen. Ursprünglich, erfährt man, hatten Menschen das Recht auf freie Verwendung von Samen. Das mag heute theoretisch noch so sein, doch faktisch kontrollieren global agierende Konzerne ein Drittel des Marktes mit patentierten Hybridsamen, machen abhängig und – Riesenprofite. Landwirte begeben sich in Abhängigkeiten, oft in eine Schuldenspirale.

Der Kampf um freie Samennutzung hat viele mobilisiert. Samen-Bibliotheken wurden gegründet, Gemeinschaftsgärten angelegt. «Wir müssen die Vielfalt, Integrität und Freiheit des Lebens schützen», fordert Vandana Shiva. «Das Saatgut muss frei sein, damit wir Menschen frei sein können.» Siegel und Betz haben mit ihrem packenden Dokumentarfilm einen eindringlichen Beitrag geleistet – für die Umwelt, für die Artenvielfalt und Ernährung.


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USA 2018    
94 Minuten

Regie, Buch, Schnitt: Taggart Siegel, Jon Betz
Kamera: Taggart Siegel


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