Sami, Joe und ich

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Teenager rebellieren und halten zusammen: Die Latina Joe (Rabea Lüthi) jobbt als Hilfskraft und wird vergewaltigt. Die intelligente Leyla (Jana Sekulovska, links) schmeisst ihre Lehre in einer Grossküche hin. Sami (Anja Gada, rechts) wird von ihrem strengen Vater gemassregelt und reisst aus. (Outside the Bοx)



Wenn Träume zerplatzen


Drei Freundinnern um die 16 gehen durch dick und dünn. Nach dem Schulabschluss beginnt der «Ernst des Lebens», verschärfen sich die Probleme. Regisseurin Karin Heberlein inszenierte in der Zürcher Agglomeration ein Teenagerdrama und wurde am ZFF mit dem Filmpreis der Zürcher Kirchen ausgezeichnet.

Sie wollen den letzten Schultag geniessen, wollen nochmals einen Drauf machen – vor dem Einstieg ins Berufsleben. Doch die Realität sieht anders aus und konfrontiert sie mit Probleme. Die Latina Jocelyn (Rabea Lüthi), von allen Joe genannt, wird von der alleinerziehenden Mutter in die Pflicht genommen und muss sich allzu oft um ihre zwei kleineren Geschwister kümmern. Sie jobbt mehr dem Verdienst denn der Lust folgend in einem Ersatzteillager und hilft auch mal als «Putze» aus. Der Chef hat ein Auge auf sie geworfen und bedrängt sie sexuell.
Freundin Sami (Anja Gada), eigentlich Samira, stammt aus Bosnien, wird vom älteren Bruder getriezt und beargwöhnt. Der strenge Vater hat ein wachsames Auge auf sie, ist misstrauisch und verbietet ihr den Umgang mit dem Jungen Nadi (Karim Daoud).
Ich-Erzählerin Leyla (Jana Sekulovska), hübsch und aufgeweckt, beginnt eine Lehre in einer Grossküche. Der Chef ist streng, aber fair. Sie ist selbständiger als ihre Freundinnen und hat sich den Leitspruch ihrer verstorbenen Mutter zu Herzen genommen: «Behalte immer mehr Träume in der Seele, als die Realität zerstörten kann.»
Alle drei werden mit harter Alltagswirklichkeit konfrontiert. Sami himmelt den jungen Nadi an, der ihr eine tolle Zukunft in einem Jugendlager verspricht. Ihr konservativer Vater verbietet der Tochter den Umgang mit dem undurchsichtigen Freund. Doch Sami widersetzt sich, wird zur Grossmutter nach Bosnien verfrachtet und reisst aus.
Joe verschweigt die Vergewaltigung, auch weil sie um den Job ihrer Mutter fürchtet, die beim selben Arbeitgeber angestellt ist. Leyla schmeisst ihre Lehre hin, um Freundin Joe beizustehen. Sie macht sich mit Joe auf, es dem Töter heimzuzahlen.

Filmautorin Karin Heberlein, in Basel geboren, in Zürich aufgewachsen, inszenierte ein Teenagerdrama auf Augenhöhe. Ihr erster Langspielfilm beschreibt Träume, Hoffnungen und Erfahrungen von Teenagern, die mit einer unerbittlichen und feindlichen Erwachsenenwelt konfrontiert werden. Einzig die Lehrerin, Frau Novak (Linda Olsansky), hat ein offenes Ohr für die Probleme der jungen Mädchen. Verständig, genau und empathisch beschreibt die Regisseurin, wie Träume zerplatzen, die Freundschaft der Freundinnen auf Probe gestellt wird und die jungen Menschen gnadenlos fordert. Sie werden Opfer von Rassismus, Machotum, überforderten Eltern und ihren Träumen. Karin Heberlein gelang ein authentisches Kinostück, angesiedelt in der Zürcher Agglomeration, mit mitreissenden jungen Darstellerinnen, die ihr Filmdebüt geben. «Sami, Joe und ich» erhielt am ZFF 2020 den Filmpreis der Zürcher Kirchen, dotiert mit 10 000 Franken. Die Regisseurin arbeitet zurzeit mit Claudia Pütz an den Drehbüchern für den Schweizer «Tatort» (Folge 5 und 6).


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Schweiz 2020    
94 Minuten

Buch und Regie: Karin Heberlein
Kamera: Gabriel Lobos

Mitwirkende: Anja Gada, Jana Sekulovska, Rabea Lüthi


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