Ray & Liz

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Sie wachsen in der Peripherie von Birmingham auf, Richard (Jacob Tuton) und sein jüngerer Bruder Jason (Callum Slater). Die Eltern Ray (Justin Salinger) und Liz (Ella Smith) sind heillos überfordert – mit ihrem Leben, mit der Erziehung. (Xenix Film)



Im Elend ertränkt


Birmingham, England, in den Achtzigerjahren. Eine Familie verkommt. Der Vater Ray (Justin Salinger) säuft sich durch den Tag, die Mutter Liz (Ella Smith, später Deirdre Kelly) pafft, krakeelt und löst Puzzle, und mittendrin zwei Kinder, Richard (Jacon Tuton) und sein jüngerer Bruder Jason (Callum Slater). Mal kommt ein Onkel vorbei, um auf den Jüngsten aufzupassen. Der jedoch animiert den Wankelmütigen zum Trinken, bis es nicht mehr geht. Volltrunken. Liz kennt kein Erbarmen und schlägt den Aufpasser halbtot. Liz, die Kettenraucherin, ist ein rabiates Schwergewicht, das den Tag vertrödelt. Ray, ohne Job und Aussichten, säuft sich durch den beschissenen Alltag. Ein Leben am Rande der Gosse. Raue Bilder der Verwahrlosung.

Doch der Filmanfang nimmt das Ende vorweg. Der alte Ray (Patrick Romer) haust in einer kümmerlichen Sozialwohnung. Allein. Er wird von einem Nachbarn besucht, der nachsieht, ob das Wrack Ray noch lebt und säuft. In drei Abschnitten, oder soll man sagen drei Passionskapiteln, beschreibt Richard Billingham den Zerfall, das Veröden einer Familie, explizit seiner Eltern. Denen hatte er bereits vor 23 Jahren das Familienalbum «Ray's a Laugh» gewidmet, das grosse Aufmerksamkeit fand und ihn, den Fotografen, berühmt machte. Der Abstieg einer Familie des Subproletariats, Bilder einer tristen Kindheit bis zum Verfall des Vaters dokumentiert der Brite Billingham in seinem Spielfilmdebüt «Ray & Liz». Die Eltern sind längst tot, geblieben sind jedoch die Erinnerungen an eine raue Kindheit in einer harschen Thatcher-Zeit. Die «Eiserne Lady» Margaret Thatcher regierte von 1979 bis 1990.

Die Mahnbilder der Armut, in dokumentarischem Stil angelegt, sind schwer zu ertragen. Genau, schäbig stimmig und schonungslos rekonstruiert – mit einem Hauch von Zärtlichkeit und grimmigem Humor. Insofern ist Billinghams Sozialdrama geistig verwandt mit Ken Loach und seinen Filmen wie «Raining Stones», «My Name is Joe» oder «I, Daniel Blake».


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Grossbritannien 2018
108 Minuten

Buch und Regie: Richard Billingham
Kamera: Daniel Landin

Darsteller: Ella Smith, Justin Salinger, Jacob Tuton, Callum Slater


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