Prinzessin

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Verlottert, verloren: Josef (Fabian Krüger), alkoholabhängig und haltlos, findet durch die vierjährige Nina Lia Hahne) neuen Halt und Lebenssinn. Der alte Josef (Matthias Habich) erfährt, dass seine Nichte Nina (Johanna Bantzer), drogenabhängig und haltlos, in einem ukrainischen Gefängnis vegetiert. (Cineworx) 



Retten und gerettet werden


Es geht nicht um die «Prinzessin auf der Erbse», auch nicht um Sissi oder Lady Diana. Es geht um Rettungen, um ein vierjähriges Mädchen, ihren alkoholabhängigen Onkel Josef und die Situation gut dreissig Jahre danach.

Der 47jährige Josef (Fabian Krüger) lässt sich hängen, suhlt sich im Suff. Er haust im Elternhaus, verwahrlost, haltlos. Als seine Schwester Karin (Anne Haug) mit ihrer Tochter Nina (Lia Hahne) einzieht, wird Josef gefordert. Die vierjährige Mitbewohnerin interessiert sich für den versoffenen Onkel, frei von Vorurteilen. Josefs Lebensgeister werden geweckt. Er schliesst die Göre ins Herz: Sie wird seine «Prinzessin». Ein Rückfall – Josef hat wieder zu viel geschluckt – und Unfall führen zum Bruch, bei dem Nina verletzt wird. Eine Trennung, ein Abschied auf unabsehbare Zeit ... Josef verspricht: «Ich bin immer für dich da.» 35 Jahre sind vergangen. Bei der Beerdigung seiner Schwester erfährt Josef (Matthias Habich), 82 Jahre alt geworden, dass seine Nichte Nina (Johanna Bantzer) in der Ukraine festsitzt. Sie ist seit Jahren auf Droge und vegetiert nun im Knast. Er erinnert sich an sein Versprechen und macht sich auf, Nina erlösen und zu «befreien».

Ein Sozialdrama, das in zwei Teile zerfällt: Zuerst die Annäherung zwischen der unbefangenen Nina und ihrem abgestürzten Onkel Josef, sehr einfühlsam und intim inszeniert; dann Jahrzehnte danach die Wendung. Josef hat sich gefangen, Nina ist abgestürzt. Das Beziehungsdrama «Prinzessin» mutiert zum Thriller. Die Ukraine wird zum schmuddeligen Schauplatz eines verkorksten Lebens. Das einst hilfsbereite Mädchen ist selbst Suchtopfer geworden, ihr geheilter Onkel wird zum Heilsbringer. An den exzellenten Mimen Matthias Habich und Johanna Bantzer liegt es nicht, dass der zweite Filmhälfte, die Heimkehr, zu stark abfällt. Hervorzuheben ist hier vor allem die vierjährige Darstellerin Lia Hahne. Eine Entdeckung!

Der Zürcher Filmer Peter Luisi («Flitzer», «Der Sandmann») konzipierte «Prinzessin» als modernes Märchen. Sein Plädoyer für Sucht und deren Überwindung, für gelebte Liebe und Hoffnung ist beachtenswert, doch letztlich kann die dramaturgische Umsetzung nicht befriedigen.



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Schweiz 2021
101 Minuten

Buch und Regie: Peter Luisi
Kamera: Ramòn Giger

Mitwirkende: Lia Hahne, Johanna Bantzer, Fabian Krüger, Matthias Habich, Anne Haug, Martin Huber


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