Lindenberg! Mach dein Ding!

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Ein Rocker, der auf die Schnauze fällt und immer wieder aufsteht: Udo Lindenberg (Jan Bülow) ist zur Musikikone geworden. (DCM)



Der Panic-Rocker von der Andrea Doria


Er ist unverkennbar und auf seine Weise genial: schnoddrig, schlaksig, panikpoppig. Udo Lindenberg hat in den letzten 50 Jahren wirklich sein Ding gemacht. Der Trommler aus dem Münsterland erlebt im reifen Alter von 73 Jahren seinen x-ten Frühling.
Seine Markenzeichen sind Schlapphut, Sonnenbrille, locker-lässige Haltung und eben diese Stimme zwischen rau und zart. Udo Lindenberg, Drummerboy aus Gronau (Münsterland), Texter, Sänger und Performer, tummelt sich wieder in den Charts und tourt wieder rüstig und rockig durch die Lande (am 13. Juni auch in Zürich). Wer einmal seine schnoddrige Stimme im Ohr hat, vergisst sie nicht. «Ich bin von Beruf Udo Lindenberg», behauptet er spitzbübisch. «Meinen Job gibt es nur einmal auf der Welt.» In der Tat.

«Panic»-Udo, Wegbereiter der deutschen Rockmusik, ist eine Ikone der Musikszene, spätestens seit seinem ironischen Verbrüderungssong «Sonderzug nach Pankow». Dem jungen, wilden Udo, der mit 15 Jahren aus der westfälischen Provinz loszog, hat Hermine Huntgeburth aus Paderborn (Ostwestfalen) ein Biopic gewidmet. Seine «Tour» führte nach Hamburg, in die lybische Wüste und zurück.
Jung-Udo wie er leibt und lebt, säuft und raucht, rockt und provoziert auf seine raue-zarte Art – auf Gassen, in Absteigen, Kellern, Kneipen und Kaschemmen. Auch wenn er x-mal abgesackt ist, platt war und auf die Schnauze gefallen ist, hat Udo sich wieder aufgerafft und die Bühnen vom Strip-Lokal bis bei Onkel Pö in Hamburg und anderswo geentert. Doch erst als er mit seinem Panikorchester auf deutsche Songs setzte, kam der Erfolg in den Siebzigerjahren («Andrea Doria»).

Huntgeburths drastischer Spielfilm schildert das Auf und Ab des angehenden Rockers, den Einfluss seiner Jugendliebe Susanne (Ella Rumpf, in Paris geboren, in Zürich aufgewachsen), seine Beziehung zu St. Pauli, seinem St. Pauli-Schwarm Paula (Ruby O. Fee), die Krawalle mit Kumpels und Fights mit Bassist Steffi Stephan (Max von Groeben). Das ölige Musikmanagement eines Mattheisen (Detlev Buck) der Plattenfirma Teldec, der Udos Karriere in Schwung bringt.
Der Film beschreibt auch Udos Elternhaus, den versoffenen Vater Gustav (Charly Hübner), der Klempner war und lieber Dirigent geworden wäre, und die Mutter Hermine (Julia Jentsch), die ihre Träume für die Familie aufgab. Fraglos hat Regisseurin Hermine Die Regisseurin und ihr Team haben Stimmung, Milieu und Selbstverständnis des jungen, zügellosen Musikers Lindenberg phänomenal gezeichnet. Das ist auch dem 23-jährigen Darsteller Jan Bülow zu verdanken, der gar nicht erst versucht hat, Udo zu imitieren, sondern dessen Ton, Haltung und schnoddrige Lebensphilosophie rüberzubringen, und der singt, als gäbe es Udo nicht.

Dem Kino-Udo zollte auch der reale Panik-Udo seinen Respekt («Ich bin begeistert … Jan ist ein Geschenk der panischen Götter!», so in einem Stern-Interview.). «Mach dein Ding!» ist ein begrenztes Biopic (es endet um 1973). Der Szenestreifen hat natürlich viel mit Musik zu tun, ist aber kein Musikfilm, eher eine Fallstudie, wobei Udo Lindenberg alles andere als ein Strahlemann ist, mehr Saufbold, Rocker, Ekel, abgesegnet von Rockstar Udo, der einen Miniauftritt hat und, nebenbei gesagt, als Drummer bei Klaus Doldingers Jazzformation mitgewirkt und bei der «Tatort»-Titelmelodie die Trommel rührte. Hören Sie mal rein!


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Deutschland 2020
135 Minuten

Regie: Hermine Hunthgeburt
Drehbuch: Alexander Rümelin, Christian Lyra, Sebastian Wehlings
Kamera: Sebastian Edschmid

Darsteller: Jan Bülow, Max von der Groeben, Detlev Buck, Charly Hübner, Julia Jentsch, Ruby O. Fee, Ella Rumpf, Saskia Rosendahl


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