L'apparition

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Recherche im Auftrag des Vatikans: Reporter Jacques (Vincent Lindon) soll herausfinden, was es mit den Marien-Erscheinungen der Novizin Anna (Galatea Bellugi) auf sich hat. (Praesens Film)



Zwischen Vision und Wirklichkeit


Kriegsschauplatz Naher Osten. Reporter Jacques (Vincent Lindon) verliert einen Gefährten und hat die Nase voll von den Kriegsgräuel. Er kehrt heim und wird vom Vatikan kontaktiert, um gewisse Marienerscheinungen zu untersuchen. Der 18-jährigen Novizin Anna (Galatea Bellugi) soll mehrfach die Jungfrau Maria erschienen sein. Das Mädchen wird wie eine Heilige verehrt. Pilger strömen ins Dorf in den französischen Alpen. Das Medieninteresse wächst, an vorderster Front der aufdringliche TV-Reporter Anton (Anatole Taubman), er drängt sich vor und pusht den Rummel. Rom, sprich der Vatikan, sieht sich gezwungen, den potenziellen Heiligenfall zu untersuchen.

Und so kommt Jacques ins Spiel. Der wundert sich und willigt nach kurzem Zögern ein, als neutraler Beobachter mitzumachen. Die Kommissionmitglieder sind skeptisch, einerseits hinsichtlich der jungen Anna, andererseits gegenüber dem Journalisten. Bald erkennt Jacques, dass es hier um mehr als die Beurteilung einer Marienverehrung, um Glaube und Wahrheit geht, nämlich auch um irdische Interessen, Medienaufmerksamkeit und Vermarktung. Anna hat sich einspannen lassen, hat eine Rolle übernommen. Betreut vom «väterlichen» Pfarrer (Patrick d'Assumçao). Anna leidet und birgt ein Geheimnis.
Xavier Giannolis hat ein religiöses Epos entwickelt und eine Seelendrama mit kriminalistischem Touch. Die junge Galatea Bellugi geht in ihrer Rolle auf, und Anatol Taubman spielt den aufdringlichen Medienmann mit Verve und professioneller Routine. Aufgeteilt hat Giannoli seinen Spielfilm in sechs Kapiteln – von «Rom» bis zur «Offenbarung» und «Mériem» in Afrika. Das Schlusskapitel ist denn Mériem, einer Freundin Annas, gewidmet, die eine wichtige Rolle spielt. Der Film konzentriert sich vor allem auf das Verhältnis Jacques – Anna. Fragen nach Erscheinungen, Anbetung und Kommerzialisierung treten je länger je mehr in den Hintergrund. Das Drama mündet in einer Auflösung, die etwas wundersam scheint. Anna erfährt ihre Erfüllung und ein Journalist wird geläutert. Heiligenkult, Pilger und die Rolle der Kirche bleiben Kulisse. Die Frage nach Wahrheit und Wirklichkeit verliert sich. Xavier Giannolis Spielfilm «L'apparition» zeichnet sich durch kriminalistische und psychologische Qualitäten aus, ohne missionarische Ansprüche zu stellen.

Zum Thema Heiligenverehrung und die Folgen hat Juan Manuel Cotelo in seinem spanischen Pseudo-Dokfilm «Mary's Land» (2013) einen anderen intelligenten, witzigeren Ansatz gefunden. Auch hier geht es um Marienverehrung, unter anderem in Medjugorje (Bosnien), die auch in «L'apparition» kurz erwähnt wird: Hier nimmt uns ein kritischer Agent mit auf seine Reise zu Erscheinungen und Menschen weltweit, eben in «Mary's Land».


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Frankreich 2018
127 Minuten

Regie: Xavier Giannoli
Drehbuch: Jacques Fieschi, Marcia Romano, Xavier Giannoli
Kamera: Eric Gautier

Darsteller: Vincent Lindon, Galatea Bellugi, Patrick von Assumçao, Anatole Taubman


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