Judas and the Black Messiah

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Ein Maulwurf oder besser eine Ratte hatte sich in der Black Panther Party eingenistet: Der Kleinkriminelle William «Wild Bill» O'Neal (LaKeith Stanfield) informiert das FBI über die Aktivitäten der schwarzen Bewegung und dessen charismatischen Anführer der Black Panther Party in Chicago, Fred Hampton (Daniel Kaluuya). (Warner)



Willkürliche Staatsgewalt gegen Black Panther


Es geschah vor über 50 Jahren und ist so aktuell wie eh und je – Rassendiskriminierung, Rassenkriminalisierung, Willkür der Staatsgewalt in den USA. Jüngste Beispiele von Übergriffen legen davon Zeugnis ab. Man hat das Gefühl, in den Vereinigten Staaten hat sich in 100 Jahren wenig geändert, was Rassenproblematik und Radikalität angeht. Und meistens mischen der Staat und seine willigen Behörden wie FBI und Polizei mit. Das betrifft sowohl die Ermordung des Menschenrechtlers Malcom X wie des Aktivisten der Black Panther Party, Fred Hampton. Die Staatsgewalt übte Gewalt aus – willkürlich und rechtlos.

Düstere Kapitel der modernen US-Geschichte werden vermehrt aufgearbeitet – auch im Kino. Das dokumentiert aktuell der Spielfilm «The Mauritanian» über einen verdächtigen «Terroristen», der zwölf Jahre von den USA gefoltert und gefangen gehalten wurde auf Guantánamo – rechtlos und ohne Prozess. Das Prozessdrama «The Trial of the Chicago 7» (2020) von Araon Sorkin rollt die Geschichte der Chicago Seven auf, die 1969 wegen Verschwörung, Aufhetzung und Zersetzung (Demos gegen den Vietnamkrieg) angeklagt worden waren.

Ende der Sechzigerjahre erstarkte die amerikanische Black Panther Bewegung und ihr Anführer im Bezirk Chicago, Fred Hampton, geriet ins Zielfeuer staatlicher Behörden (FBI, Polizei). Treibende Kraft war FBI-Boss J. Edgar Hoover (Martin Sheen). Da kam seinem Handlanger, Special Agent Roy Mitchell (Jesse Plemons), so ein kleinkriminelles Würstchen wie der Autodieb William «Wild Bill» O'Neal (LaKeith Stanfield) gerade recht. Statt in den Knast wurde der als Informant in die Black Panther Party eingeschleust. «Wild Bill» gefiel sich in seiner Doppelrolle. Er gewann das Vertrauen des charismatischen Anführers Hampton und glaubte sich auch beim FBI auf der sicheren Seite. Doch FBI-Verbindungsmann Mitchell machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

Zwar gelang es dem FBI unter fadenscheinigen Gründen, Hampton ins Gefängnis zu bringen, doch dort wuchs sein Ansehen und sein Einfluss auf die Bewegung war ungebrochen. So griffen die «Staatsdiener» 1969 zum letzten Mittel einer «Endlösung», sie planten die Ermordung, und ihr «Judas» O'Neal sollte der Zielperson zwar keinen Kuss geben (wie in der Bibel), sondern ein Schlafmittel einflössen. Und so trafen die Killer auf ein schlafendes Opfer (neben seiner schwangeren Gefährtin Deborah). Dass Informant O'Neal längst Zweifel an seiner «Mission» hatte und um seine Erpressbarkeit wusste, deutete sich an. Sein Ende wird freilich nur im Nachspann erwähnt.

Regisseur Shaka King vermeidet es, eines der zurzeit grassierenden Biopics zu inszenieren. Einerseits benutzt er seinen «Judas» als Brennspiegel und Zeugen, andererseits findet er in Daniel Kaluuya einen überzeugenden Hampton-Darsteller, der um Menschenwürde kämpfte und um sein Schicksal wusste. Dem Bürgerrechtler gelang gar eine Koalition zwischen weissen Arbeitern und Latinos in Chicago zu bilden. Das war dem Staat erst recht ein Dorn im Auge.

Shaka King lieferte eine packende Geschichtsstunde (über 126 Minuten) in Form eines Thrillers, dessen Ende voraussehbar, gleichwohl spannend und aufwühlend ist, Die Sympathien sind klar verteilt. Dem Staat wird einmal mehr – im Kino – ein Spiegel vorgehalten, und die Staatsdiener agieren als miese arrogante Typen. Sie sind die Brandstifter, die sich krimineller Methoden und Mittel bedienen.



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USA 2021  
126 Minuten

Regie: Shaka King
Buch: King, Will Berson

Darsteller: Daniel Kaluuya, LaKeith Stanfield, Jermaine Fowler, Darrell Britt-Gibson, Martin Sheen, Dominique Fishback


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