Everything Will Change

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Roadtrip in die Vergangenheit: Cherry (Jessamine-Bliss Bell), Ben (Noah Saavedra) und Fini (Paul G. Raymond) stossen nicht nur auf seltsame Lebewesen wie Giraffen, sondern auf eine andere ihnen fremde, artenreiche Erde. (Pathé Films)

 

 

Verschüttete Vergangenheit oder
Zurück in die Gegenwart

 
Zum Interview mit Regisseur Marten Persiel

Was wäre, wenn das, was in Zukunft droht, längst eingetroffen ist? Die Erde ist wüst, öde, zubetoniert, in Rot getaucht, schier tot – im Jahr 2054. Öde, wie verbrannt und ausgestorben. Drei junge Leute sind unterwegs in einem Mercedes-Oldie – on the Road auf wüster Erdkrume. Ben (Noah Saavedra), Fini (Paul G. Raymond) und Cherry (Jessamine-Bliss Bell) stossen auf vergessene Bilder, auf eine Welt, die farbenfroh, vielfältig und lebendig daherkommt. Was sind das für Tiere, für Pflanzen? Was ist eine Giraffe? Was ist geschehen, wohin sind all die Tiere ...?
 
Sie machen sich auf die Suche nach einem «Lost Kingdom», nach der verschütteten Vergangenheit und treffen Wissenschaftler und Zeugen. Der Schweizer Markus Imhoof («More Than Honey») weist auf eine fatale Selbstüberschätzung hin: «Nur der dümmste Parasit würde seinen Wirt töten, weil er diesen zum Überleben braucht. Und wir sind die Parasiten der Natur, aber uns ist es egal, ob unser Wirt am Ende stirbt oder nicht.»

Die Chance war da, aber die Menschen drohen, sie zu vertun. Professor Rudolfo Dirzo, Wissenschaftler für die Erhaltung von Spezies, bemerkt: «Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es auf der Erde die grösste Artenvielfalt, die der Planet je hatte. Es war eine schöne Zeit. Wir hatten so viele Gefährten wie wir es uns nie hätten träumen lassen.»
 
Kriege, Krisen, Klima – das Damoklesschwert schwebt spürbar über uns. Ist die Zukunft noch zu retten? Darum geht es in dem ausserordentlichen Film «Everything Will Change» von Marten Persiel: Die Zeichen eine Natur- und Klima-Apokalypse sind erkannt, aber werden sie auch gebannt, wird gegengesteuert? In wunderbaren Dokumentarbildern stimmt der Film eine Hymne auf die Wildnis, auf die Vielfalt an – heute und mahnt. Nicht mit erhobenem Zeigefinder, sondern klug und anrührend. Er spricht Verstand und Gefühle an. Mahner wie der Agraringenieur Cary Fowler, so ist zu hoffen, sollten breites Gehör finden: «Ich glaube, dass zukünftige Generationen das Artensterben als ein Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnen werden. Ganz sicher ist es ein Verbrechen gegen unseren Planeten.»

Persiels Film zwischen Science und Fiction, wie er meint, ist Appell und Naturdokument zugleich. Mahnung und Hymne. Der Mensch hat es in der Hand. Erkennt er die letzte Chance? Filmer Wim Wenders («Der Himmel über Berlin») ist skeptisch: «Die Evolution ist grossartig, keine Frage. Aber uns wurde etwas mitgegeben, das man sonst nirgends findet: Ein Bewusstsein. Das ist Fluch und Segen zugleich. Die Selbstreflexion.»
 
 
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Deutschland 2021  
93 Minuten

Buch und Regie: Marten Persie
Bildgestaltung: Felix Leiberg

Mitwirkende: Noah Saavedra, Jessamine-Bliss Bell, Paul G. Raymond, Prof. Stuart Pimm, Joelle Chesselet, Prof. Rodolfo Dirzo, Prof. Thomas E. Lovejoy, Scott Loarie, Prof. Mojib Latif, Cary Fowler, Wim Wenders, Louie Schwartzberg, Markus Imhoof, Prof. Daniel Pauly, Prof. Ursula K. Heise
 

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