Call Jane

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Gemeinsam stark: Eine Gruppe engagierter Frauen um Virginia (Sigourney Weaver) bietet Hilfe beim (illegalen) Schwangerschaftsabbruch um 1968. (DCM Film)


 

Engagiert – Von Frauen für Frauen


Ein altes Konflikt- und Moralproblem wird in den USA nun wieder hoch gekocht – dank Einfluss von Ex-Präsident Trump, seinen Anhängern und konservativen Konsorten: Schwangerschaftsabbruch. Das Recht der Frau auf Selbstbestimmung auch bei Schwangerschaften wurde im April 2022 wieder abgeschafft. Die US-Bundesstaaten sollen dieses Recht selber regeln. Insofern ist Phyllis Nagy Spielfilm «Call Jane» über dieses Gesellschaftsproblem 1968 in Chicago, als Abtreibung verboten war, wieder hochaktuell.

August 1968. Joy (Elizabeth Banks), eine Hausfrau in den Dreissigern, wohl situiert, Mutter einer 15jährigen Tochter und verheiratet mit dem Anwalt Will (Chris Messina), wird wunschgemäss nochmals schwanger. Doch diese Schwangerschaft ist lebensgefährlich, weil Joy ein Herzproblem (Kardiomyopathie) hat. Sie sucht Rat, Beistand, findet ihn aber weder bei ihrem konservativen Mann noch bei Behörden und Ärzteschaft. Eher zufällig fällt ihr ein Flugblatt auf: «Call Jane». Dahinter verbirgt sich eine Frauenorganisation, die unter Führung von Virginia (Sigourney Weaver) Frauen die Möglichkeit für eine sichere Abtreibung bietet. Die führt ein undurchsichtiger Mediziner namens Dr. Dean (Cory Michael Smith) für 600 Dollar durch. Joy ergreift diesen «Strohhalm» und gaukelt ihrer Familien vor, sie hätte eine Fehlgeburt erlitten.
Joy engagiert sich, begleitet Frauen bei diesem Eingriff, assistiert und zwingt Dr. Dean, sie ins «Handwerk» einzuführen. Ihre Tätigkeit bleibt nicht geheim. Joys Tochter Charlotte (Grace Edwards) kommt dahinter wie auch ihr Ehemann. Die Organisation «Call Jane» droht aufzufliegen. Immerhin, 1973 gewinnt das Frauennetzwerk einen Prozess vor dem Supreme Court, dem berühmten Grundsatzurteil 173 «Roe vs Wade». In den aktiven Jahren ermöglichte «Jane» 120 000 Abtreibungen, bei denen niemand gestorben ist.

Phyllis Nagys Filmdrama komprimiert die Erfolgsgeschichte dieser Organisation von Frauen für Frauen, konzentriert sich auf Joy, die sich von einer abhängigen Hausfrau und Mutter zur liberalen Kämpferin entwickelt – überzeugend dargestellt von Elizabeth Banks («Charlie’s Angels», «The Hunger Games»). Das wirkt bisweilen sehr vereinfacht und etwas beiläufig. Die Konfrontation der engagierten Frauen mit der Gesellschaft, mit der politischen Umwelt bleibt vage, fast unberührt. Gleichwohl ein wichtiger engagierter Film, massgeblich von Frauen realisiert, der von Gestern auf Heute schliessen lässt – erst recht angesichts neuer erzkonservativer Strömungen. Er ist allen verantwortungsbewussten Männern dringend zu empfehlen.


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USA 2022
122 Minuten

Regie: Phyllis Nagy
Buch: Hayley Schore, Roshan Sethi
Kamera: Greta Zozula

Mitwirkende: Elizabeth Banks, Sigourney Weaver, Chris Messina, Cory Michael Smith, Grace Edwards


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