Astrid

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Eine Mutter allein: Astrid (Alba Ausgust) macht bittere Erfahrungen und wurde die berühmteste Kinderbuchautorin der Welt. (DCM)



Pippis und Ronjas Mutter


Astrid Ericsson, später Lindgren, wurde als Schriftstellerin von Kinderbüchern weltbekannt, mit einer Auflage von über 160 Millionen Exemplaren. Sie ist Schöpferin der Kinderhelden Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter, Kalle Blomquist oder der Kinder von Bullerbü. Die Schwedin Astrid Lindgren (1907–2002) machte und macht Kindern Mut seit über 70 Jahren. Das kommt nicht von ungefähr. Denn was sie selbst – nicht als Kind, sondern als junge Frau und alleinstehende Mutter – erfahren hatte, floss in ihre Bücher. Sie hatte sich in einer männerdominierenden Gesellschaft in den Zwanzigerjahren durchzusetzen, zu emanzipieren als Frau, die von einem verheirateten Mann ein Kind erwartete, das sie gar haben durfte.

Die Kindheitsjahre und Zeit als junge Frau zeichnet die Filmerin Pernille Fischer Christensen nach – von glücklichen, ausgelassenen Kindertagen im Heimatort Vimmerby, unter strenger Obhut der kleinbürgerlichen Eltern, bis zu ersten Schritten als begeisterte, aber naive Sekretärin, von Liebelei, Schwangerschaft und der Einsamkeit der Mutter Astrid, die ihren Sohn in Dänemark gebären und in die Obhut einer Pflegmutter geben muss. Als dramaturgischer Leitfaden dient ein Geburtstag (der 80. oder 90.?): Eine alte Frau studiert ihre Fanpost. Mit den Fragen, Dankesworten und Bekenntnissen junger Leser an Astrid Lindgren werden Erinnerungen geweckt, Episoden aus frühen Jahren lebendig.

Astrid ist ein unbändiges, ausgelassenes und phantasiebegabtes Mädchen, das gern Normen und Regeln bricht. Die Achtzehnjährige Astrid (Alba August) ist froh, aus den bescheidenen Verhältnissen daheim auszubrechen und nimmt begeistert die Stelle einer Sekretärin beim Verleger und Redaktor Blomberg (Henrik Rafaelsen) einer Lokalzeitung an, der ihr Talent erkennt. Der schwärmerische Teenager (Alba August) verguckt sich in den verheirateten Mann, der sich scheiden lassen will. Sie wird schwanger. Ein (gesellschaftliches) Ding der Unmöglichkeit dazumal. Astrid deckt den Vater und gebärt ihren Sohn Lars (Lasse) 1926 in Kopenhagen allein. Sie gibt ihn notgedrungen in die Obhut der Hebamme (Trine Dyrholm), bis die Scheidung durch ist, glaubt sie, aber…

Der Spielfilm konzentriert sich auf die dunkle Lebensphase der Schriftstellerin. Hier liegen die Wurzeln, die Motive ihrer Geschichten, ihrer Kinderabenteuer, in denen sich Pippi und Kalle und Ronja austoben, bewähren, stark werden, sich allein durchsetzen und allen anderen Mut machen. Die legendäre Schriftstellerin Lindgren selbst bleibt ein Schatten (im Film präsent nur bei der Fanpost), ihre grossen Erfolge, ihre Heirat mit Sture Lindgren und ihr Familienleben, ihr soziales Engagement und Wirken bleiben ausgespart.

«Astrid» ist ein dramatisches Biopic, konzentriert auf das Werden der Autorin, lässt ihre Werke, Bedeutung in der Literatur links liegen. Gleichwohl ist der packende Film ein starker Beitrag über Emanzipation. Der Spielfilm vermeidet populäre Ausschmückung und Kitsch. Er wirkt wahrhaftig und bewegend – auch dank der wunderbar glaubwürdigen Darstellerin Alba August, Tochter des Filmers Bille August («Nachtzug nach Lissabon») und der Schauspielerin Pernilla August («Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung»).


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Schweden/Dänemark 2018
123 Minuten

Regie: Permille Fischer Christensen
Buch: Fischer, Kim Fupz Aakeson,
Kamera: Erik Molberg Hansen

Darsteller: Alba August/Maria Fahl Vikander (Astrid), Maria Bonnevie, Magnus Krepper, Henrik Rafaelsen


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