Where the Crawdads Sing

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Wegen Mordes angeklagt: Das Marschmädchen Kya (Daisy Edgar-Jones) schlägt sich allein abseits der Zivilisation durch. Die Vorurteile sind gemacht. (Sony)

 
 

Das Schweigen in den Sümpfen


Bei einem weltweiten Bestseller lässt eine Verfilmung nicht lange auf sich warten. Der amerikanische Roman «Where the Crawdads Sing» (2019) von Delia Owens verkaufte sich über 15millonenfach. Hollywood hat zugegriffen, und Hollywoodstar Reese Witherspoon und Lauren Levy Neustadter haben die Verfilmung produziert, Olivia Newman hat Regie geführt. Daisy Edgar-Jones, in Locarno ausgezeichnet, verkörpert die «Sumpffrau» oder eben das «Marschmädchen» Kya.
In den Sumpfwäldern North Carolinas von den Eltern verlassen und auf sich allein gestellt, wächst Kya wild und naturverbunden auf. Sie beobachtet Tierwelt und Fauna akribisch, zeichnet, schreibt. Das Lesen hat ihr der nette Naturbursche aus dem Dorf, Tate (Taylor John Smith), beigebracht, in den sie sich prompt verliebt. Doch Tate hat College-Ambitionen, verschwindet und meldet sich jahrelang nicht, obwohl er es verspochen hatte. Die junge Frau, naiv und leichtgläubig, geht eine Liebschaft mit dem lokalen Macho (Harris Dickinson) ein, der sie ausnutzt und als reines Objekt des Vergnügens betrachtet.

Das alles erfahren wir in Rückblenden, die in einen Prozess eingebettet sind. Besagter Macho aus reichem Haus wird in den Sümpfen tot aufgefunden und Aussenseiterin Kya des Mordes verdächtigt. Die «Wilde» und der erfolgreiche tote Quarterback – die Meinungen sind gemacht. Pflichtverteidiger Milton (David Strathairn) ist einer der wenigen, der an Kyas Unschuld glaubt.

Das Ende kennen die Leser, es sei gleichwohl nicht verraten. Die Romanverfilmung ist zumindest bis zu zwei Drittel stimmig und nah. Hier der Überlebenskampf eines Mädchens, einer Frau, die gegen die Umwelt, sprich Vorurteile, kämpft, dort die juristische Aufarbeitung eines Lebens ausserhalb der Zivilisation. Am Ende spult der Film etwas lieblos die Lösung eines Geheimnisses wie eine Randnotiz ab. Daisy Edgar-Jones überzeugt als schöne Amazone in dieser Sumpfromanze mit juristischem Nachspiel. Augenfällig arrangiert mit einem Hauch von Kitsch. Leser werden sicher nicht enttäuscht. Die letzten Sätze: «Schliesslich brach die Nacht an, und Tate ging zurück in Richtung Hütte. Aber als er die Lagune erreichte, verharrte er unter dem niedrigen Blätterdach und beobachtet Hunderte Leuchtkäfer, die ihre Lockzeichen tief in die dunklen Weiten der Marsch sandten. Bis dahin, wo die Flusskrebse singen.»

Mit einem juristischen Nachspiel haben es Autorin Delia Owens (73), ihr Ex-Mann Mark und Sohn Christopher in Sambia zu tun. Der Mord an einem Wilderer 1995 im Nationalpark blieb unaufgeklärt. Die Owens lebten dort als Naturschützer, engagierten sich gegen Wilderer und sollen in den Fall verstrickt gewesen sein. Eine vage Vermutung. Delia Owens bestreitet Zusammenhänge. Und doch gibt es Parallelen zwischen der kämpferischen Autorin und ihre Heldin Kya. Birgt der Roman noch andere Geheimnisse? War Delia Owens Zeugin eines tödlichen Vorfalls in Afrika?


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USA 2022    
125  Minuten

Regie: Olivia Newton
Buch : Lucy Alibar
Kamera: Polly Morgan

Mitwirkende: Daisy Edgar-Jones, Taylor John Smith, David Starthairn, Harris Dickinson


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