Wet Sand

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Heimliche Liebe: Der Wirt Amnon (Gia Agamava) trauert um einen Toten (Bild oben), Serviertochter Fleshka (Megi Kobaladze) und Erbin Moe (Bebe Sesitashvili, Bild unten) stehen ihm bei. (prosafilm/Sister Distribution)



Der Liebe und des Meeres Wellen


Es war ein weiter Weg vom Filmfestival Locarno 2021 (Weltpremiere) bis in unsere Kinos. Der zweite Langspielfilm der Georgierin Elene Naveriani, wohnhaft in Bern, wurde in Solothurn mit dem Prix de Soleure und dem Schweizer Filmpreis 2022 Quartz (Bester Spielfilm) ausgezeichnet. Meeresrauschen. Ein Strandcafé namens «Wet Sand». am Schwarzen Meer, abgeschieden. Eine Idylle – doch das täuscht. Ein Mann schreibt, packt eine Flasche Wein mit einem Brief ein. Was es damit auf sich hat, erfahren wir erst gegen Ende dieses stillen Dramas.

Eliko wird tot aufgefunden. Selbstmord, vermutlich wegen seiner Krebserkrankung, vermutet die Dorfgemeinschaft. Moe (Bebe Sesitashvili), seine Enkelin aus der Stadt, taucht auf, um den Toten zu beerdigen und zu beerben. Die einzigen, so scheint es, die um den Einzelgänger Eliko trauern, sind Amnon (Gia Agumava), der Wirt des Cafés, und Fleshka (Megi Kobaladze), seine Serviertochter. Auch der einsame Fischer Spero (Kakha Kobaladze) zeigt Sympathie für den Verstorbenen. Die Dorfgemeinschaft, allen voran der grobe Dato (Zaal Goguadze), der seine Ehefrau Neli (Eka Chavleishvili) drangsaliert und knutet, bleibt auf Distanz, verhält sich geradezu feindselig. Erst recht gegenüber der Städterin Moe, die er als «abartigen» Eindringling wahrnimmt und aburteilt.
Der Todesfall (Selbstmord) wühlt die Idylle auf wie ein Sturm das Meer, deckt Vorurteile, Verletzungen, Gewaltpotenzial und Geheimnisse auf. Das Liebesdrama «Wet Sand» schildert problematische Verhältnisse, zumindest in Georgien: nämlich homosexuelle und lesbische Liebe, die von der Dorfbevölkerung nicht toleriert wird. Konservative Kräfte, allen voran der grobe Macho Dato, eröffnen geradezu eine Hexenjagd auf Moe. Die wahren Charaktere kommen an den Tag.

Sie hätte Schwierigkeiten gehabt, erzählt Regisseurin Elene Naveriani, die Hauptrolle des Cafébesitzers zu besetzen. Nach diversen Absagen georgischer Schauspieler sei sie auf Gia Agumava gestossen, Philologe und Professor für Griechisch und Latein. Auch die Moe-Darstellerin sei eine Laiin, berichtet die Filmerin. Das Dorf am Meer spiegelt georgische Verhältnisse wieder: ein Flecken im Abseits, spröde und abweisend, alten Denkweisen und Ängsten verhaftet. Der Film, eine Schweizer Koproduktion, geht einem nahe, wirft einen ungeschminkten Blick auf Georgien und seine alten Strukturen. Dank Schweizer Koproduktion hätte sie den Freiraum gehabt, Problematik und Verkrustungen in ihrem Land zu schildern. Ein denkwürdiger Film in mancher Hinsicht – sehr bewegend, tragisch und doch hoffnungsvoll.


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Georgien/Schweiz 2021
115 Minuten

Regie: Elene Naveriani
Buch: Sandro und Elene Naveriani
Kamera: Agnesh Pakozdi

Darsteller: Megi Kobaladze, Gia Agumava, Bebe Sesitashvili, Eka Chavleishvili,, Zaal Goguadze, Kakha Kobalaaze


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