Searching for Ingmar Bergman

2018_07_13_Searching for Bergman_001jpg

Ein Schwede, der Filmgeschichte geschrieben hat: Ingmar Bergman schuf Filme wie «Das Schweigen» oder «Szenen einer Ehe». Margarethe von Trotta montierte ein Künstlerporträt mit vielen Interviews (Liv Ullmann, Bild oben, u.a.), das wieder Lust auf Bergman-Filme macht. (Praesens-Film)


Bergmans berückende, bedrückende Bilder


Es ist still um ihn geworden. Hat ihn die junge Kinogeneration vergessen? Nun wurde er quasi «aktualisiert»: Ingmar Bergman (2018–2007) wäre am 14. Juli 100 Jahre alt geworden. Die deutsche Filmerin Margarethe von Trotta hat sich auf eine persönliche Spurensuche begeben und ein vielschichtiges, vielseitiges Porträt geschaffen.

Diese Bild hat sich eingeprägt: Ein Menschenzug auf einem Bergrücken, vom Sensenmann (dem Schnitter oder Gevatter Tod) angeführt, ein Totenzug, der sich scharf gegen den Horizont abzeichnet. Mit dieser Einstellung aus dem Film «Das siebente Siegel» (1956) beginnt Margarethe von Trotta ihre ganz persönliche Spurensuche nach Ingmar Bergman, seinem Werk und Wirken. Der grosse, stilbildende und bedeutende Regisseur (1918–2007) aus Schweden scheint bei der jungen Kinogeneration fast in Vergessenheit geraten zu sein. Sein 100. Geburtstag, just am 14. Juli, und von Trottas Dokumentarfilm bieten Gelegenheit, sich Bilder und Filme Bergmans in Erinnerung zu rufen.

Das tut die deutsche Filmerin mit Liebe und Akribie, wobei sie sich selbst – wenn auch nachvollziehbar – allzu häufig ins Bild rückt. Bergmans Werk vom existentiellen Schachspiel zwischen Ritter und dem Tod («Das siebente Siegel») war für sie Ursprung und Antrieb, sich dem Filmen zu verschreiben. Von Trottas Drama «Die bleierne Zeit» (1981) ist der einzige Film einer Regisseurin, den Bergman in die Liste seiner zehn für ihn bedeutendsten Kinowerke aufgenommen hat – neben Kurosawas «Rashomon», Fellinis «La Strada» und anderen.
Von Trottas Spurensuche verknüpft geschickt Filmbilder und Dokumentaraufnahme (etwa von Dreharbeiten und Theaterinszenierungen) mit Statements und Interviews. Schauspielerin Liv Ullmann, die Deutschen Gaby Dohm und Rita Russek erinnern sich an die gemeinsame Arbeit, Produzentin Katinka Farago schildert ihre heikle, aber erfolgreiche Zusammenarbeit, Regisseur Carlos Saura hebt die Bedeutung Bergmans heraus, und Bergmans Sohn Daniel klärt über die Abwesenheit und Lieblosigkeit des Vaters auf.

Seine Arbeit steht im Vordergrund, dann die Immigration nach München. Er wurde in Schweden der Steuerhinterziehung bezichtigt, die er nicht begangen hatte. Er war zutiefst getroffen. Die Klage setzte ihm zu und verliess seine Heimat. In Deutschland drehte «Das Schlangenei», inszenierte on München, schrieb Filme zu Theaterstücken um. Von Trotta ist dem Genie Bergman ganz nah. Die private Seite des genialen Filmgestalters, seine Ehen, sein Verhältnis zu Frauen werden nur angedeutet. Der Künstler Bergman steht im Fokus, seine Akribie, seine Besessenheit, seine Visionen, aber auch seine Arbeit fürs Theater. Seine Credo «Filme sind Träume von Träumern» hat er gelebt und so Filmgeschichte geschrieben. Von Trottas vertiefendes Künstlerporträt macht Lust auf ein Wiedersehen mit Bergman-Filmen wie «Wilde Erdbeeren», «Fanny und Alexander» – nicht nur am Fernsehen.

Doch dieser gut gemeinte und bebilderte Dokumentarfilm dringt nur punktuell zum Menschen und Künstler Bergman vor. Eindringlicher, näher und tiefer beschreibt und zeichnet eine TV-Dokumentation den grossen Bildgestalter Bergman: «Herr der Dämonen» von Henrike Sandner (3sat am 14. Juli). Seine Besessenheit, seine dämonischen Motive, abgründigen Visionen, sein Filmleben werden hier in Wort und Bilder nachvollziehbar. Ein grandioses Bildnis über Leben, Tod und Teufel, Licht, Düsternis und Szenen des Lebens – besser, packender als von Trottas persönliches Bergman-Bekenntnis.


4_Star_Lionjpg

Deutschland/Frankreich 2017
99 Minuten

Regie: Margarethe von Trotta, Felix Moeller
Drehbuch: Margarethe von Trotta, Felix Moeller
Kamera: Börres Weiffenbach

Mitwirkende: Liv Ullmann, Daniel Bergman, Carlos Suara, Gaby Dohn, Rita Russek


Zurück