In the Name of Scheherazade or The First Beer Garden in Tehran

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In Anlehnung an Erzählungen aus «1001 Nacht»: Die iranische Filmerin Narges Kalhor vermischt Märchenhaftes mit Wahrhaftem. (Cinelibre)




Ein Traum von Bier und kleinen Freiheiten



Die iranische Filmerin Narges Kalhor (35) lebt in München und erzählt eine Geschichte zwischen Wunsch und Wirklichkeit Sie lehnt sich an die legendären Geschehnisse aus «1001 Nacht» an. Scheherazade – ihr Name steht für eine Erzählerin, die sich befreit, indem sie dem brutalen persischen König Schahryar Nacht für Nacht Geschichten darbietet, um am Leben zu bleiben. Scheherazade bezirzt den Mann und gewinnt sein Vertrauen – nach «1001 Nacht». Diese berühmte Geschichtensammlung, im Film angedeutet durch ein Figurenspiel, bildet den märchenhaften Rahmen des Films, der zwischen grauer Wirklichkeit (dokumentarische Bilder) und Spiel, Wunsch und Wahrnehmung pendelt.

Die Iranerin Narges Kalhor (35) suchte 2009 in Deutschland Asyl und studierte von 2010 bis 2019 in München Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik. Nach verschiedenen Filmarbeiten im Iran («Darkhish – Die Egge», 2009) und in Deutschland («Shoot Me», 2013) hat sie zusammen mit Kamerafrau Julia Swoboda einen verzwirbelten Film realisiert, der verschiedene Elemente und Ebenen, Versatzstücke und Aufnahmen, dokumentarische und spielerische Szenen verknüpft.

Da wird ein Flüchtling aus Syrien den Mühlen der Bürokratie ausgesetzt und muss einem peniblen behördlichen Befrager detailliert Auskunft geben, etwa über die Adresse des zerstörten Elternhauses (es gibt keine) oder die verschiedenen Folterungen und Vergewaltigungen, der er ausgesetzt war. Da gibt ein Fernsehredaktor namens Steinbrecher aus dem Off seinen Schreibtisch-Kommentar zu Filmszenen und Aufbau des Films. Ein durchgängiger Thema bildet die Geschichte einer Bierbrauerin, die sich in den Kopf gesetzt hat, in einem Park Teherans (persisch: Tehran) einen Biergarten nach bayrischem Muster zu eröffnen. Neben Erkenntnissen über die Braukunst, beispielsweise über die klösterliche Biertradition im bayrischen Andechs, erfährt man auch einiges über bürokratische Gepflogenheiten, Regeln und Verbote im Iran.

Narges Kalhor verschmilzt spielerisch, mal schelmisch, mal bierernst, Wunsch und Wirklichkeit. Sie zweifelt, diskutiert, fabuliert, experimentiert und inszeniert mit anarchischer Freude, wobei nicht immer klar ist, wohin die filmische Reise geht. Die Fantasie mischt sich in die Realität. Erwartungen werden geschürt und gesprengt. Am Ende bleibt ein lückernhaftes Puzzle übers Filmen, das jeder weiterspinnen kann – erfrischend, phantasievoll, aber auch sprunghaft und spinnig. Ihr Lieblingsbier, verriet uns die Filmautorin übrigens, stamme aus dem bayrischen Wallfahrtsort Andechs.


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Deutschland 2019
Buch und Regie: Narges Kalhor
Kamera: Julia Swoboda

Mitwirkende: Alireza Golafshan, Mahnas Sarwari, Ali Abusaeidi


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