Holy Spider

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Die unabhängige Journalistin Rahimi (Zar Amir Ebrahimi) versucht Licht in eine Mordserie zu bringen. Saeed (Mehdi Bajestari, Bild oben) ist sowohl liebevoller Familienvater als auch mörderischer Vollstrecker aus sittlichen Gründen. (Xenixfilm)

 
 
 

Mörder aus Moral

 
Ein Staat alter Männer und besessener Anhänger ist seit Wochen in den Schlagzeilen. Der Protest der Frauen in Iran zeigt einmal mehr die Fratze eines menschenverachtenden Regimes, das Religion und Recht nach Gutdünken und Herrschaft beugt. Insofern kommt Ali Abbasis Gesellschaftsdrama «Holy Spider» besondere Brisanz zu. Die Iranerin Zahra Amir Ebrahimi wurde am Filmfestival Cannes 2021 als beste Darstellerin ausgezeichnet. Sie musste bereits 2008, also lange vor den Dreharbeiten, ihr Heimatland wegen eines privaten Videos verlassen.
 
Der iranische Regisseur Ali Abbasi lebt in Dänemark und versuchte, seinen dritten Spielfilm «Holy Spider» im Iran zu drehen. Er wurde hingehalten, was einer Verweigerung gleichkam. Auch die Türkei blockte 2021 ab. So fand Abbasi schliesslich Drehorte in Jordanien und zwar in Vororten von Amman. Sein Film wurde von Dänemark für eine Oscar-Nomination eingereicht.
 
Ein Familienvater, der sich um die Seinen pflichtbewusst kümmert. Doch Saeed Hanaei (Mehdi Bajestani) hat auch eine andere Seite. Des Nachts stromert er auf dem Motorrad durch bestimmte Viertel Maschhads, der heiligsten Stadt Irans. Er spürt Strassenmädchen nach, lockt sie in eine Wohnung und erdrosselt sie mit deren Hijabs. Am Ende hat er 16 Morde an Prostituierten zu verantworten. Der Bauingenieur wähnt sich als Richter und Henker über sündige Frauen, ist sich keiner Schuld bewusst – im Gegenteil. In den Medien wird der Unbekannte als «Spinnenmörder» bezeichnet, dem Rahimi (Zar Amir Ebrahimi), eine Journalistin aus Teheran, auf die Schliche kommen will. Sie stösst bei den Behörden auf Desinteresse und Gleichgültigkeit. Sie stellt dem Lynchtäter eine Falle. Saeed wird verhaftet, von politischen und religiösen Vertretern bestärkt, in Sicherheit gewiegt und von einem Teil der Bevölkerung als Held gefeiert. Wird der Prozess zur Farce?
 
Der «Spinnenmörder» meuchelte tatsächlich zwischen 2000 und 2001 sechzehn Frauen, die aus Not oder Drogensucht auf den Strich gegangen waren. Die nachforschende Reporterin Rahimi hat Filmautor Abbasi wohl aus dramaturgischen Gründen hinzugefügt. So wirkt sein Spielfilm sehr authentisch, ist sowohl Thriller wie Gesellschafts- und Politdrama. Dabei wird der Serienmörder nicht verteufelt, sondern als fehlgeleiteter Religionsfanatiker entlarvt – von Behörden und Öffentlichkeit gutgeheissen. Selten hat ein Kinofilm moralische Verführung und falsche Religiosität, Strukturen und Menschenverachtung eines totalitären Regimes so hintergründig vorgeführt wie Ali Abbasis realistischer Sozialthriller
 
 
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Dänemark 2022
119 Minuten
 
Regie: Ali Abbasi
Buch: Abbasi, Afshin Kamran Bahrami
Kamera: Nadim Carlsen
 
Darsteller: Zahra Amir Ebrahimi, Mehdi Bajestani, Mesbah Taleb, Firouz Agheli,
 
 
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